Geografischer Bezug
Deutschland,Holland, Utrecht, St. Wendel
Geografischer Bezug
Preußen
Feldpostbrief aus der Zeit der napoleonischen Kriege, geschrieben in Utrecht am 28. Oktober 1811:
1. Transkript:
»»Utrecht den 28ten Ocktober
An Liebe ältern Vater und Muter Schwester und Brüder = Ich lase euch alle Viehl Tausend mahl grüßen = und ver hof mein Brief wirt euch bey guter gesund Heit antrefen welches mich höchst Erfreut – Was mich an belang bin auch noch Frisch und gesundt gott Lobt = Wie liegen hir in einer Stadt da ist sehr Viel volck = da Mög ich sie gebieten haben Mir gleich Etwas geld schicken ich bin Es sehr bedörftig =
Und Ich Filip Franzen Las mein Ältern grüßen = und mein Bruder = und will Sie gebiten haben gleich mit dem als das er sein Brief geld zu schieken =
Mithin grüßen mir alle Freunde und Verwande = und ich bin Euer Lieber Sohn Fillip Franzen und ich Mag wießen ob Sie den Brif mit dem Ringt bekomen haben
Ihr bin mein Lieb ältern und Ich euer Sohn Johann als […]
Atrs a 56 Regement
2 Compagni 3 bataleon
A utrecht«
[Adresse vorn]
Monsieur = Monsieur
Jean Franzen a St Wentel
Canton de St. Wendell
Departs de la Sarre
A St. Wendel"
2. Person:
Philipp Franzen, der aus dem Kanton St. Wendel im Saarland stammende Schreiber dieses Briefes, gehörte zu den so genannten »Reichsfranzosen« bzw. »Nicht-Franzosen« in der "Grande Armee".Geboren wurde Franzen am 19. September 1791 in St. Wendel als Sohn des Schuhmachers Johann (Jean) Frantzen und seiner Frau Barbara Franzen, geborene Cloos. Er diente im 56. Linien-Infanterie-Regiment (56ème régiment de ligne), das dem 2. Armeekorps unter Marschall Nicolas Oudinot, Herzog von Reggio, und dort der 6. Division unterstellt war.
3. Dokument:
Stempel: "118 Utrecht" auf der Adressseite
4. Allgemeiner historischer Kontext:
Die Französische Revolution und das Kaiserreich Napolens I. bedeuteten für das Saarland einen fundamentalen Epocheneinschnitt. Fast 20 Jahre lang wurde es integraler Bestandteil Frankreichs und hatte so unmittelbar Anteil an der französischen Entwicklung mit der Aufhebung der Feudalrechte und der Errichtung einer Eigentümergesellschaft. Als Département de la Sarre wurde es zu einem französischen Verwaltungsbezirk, der nach der Eroberung der linksrheinischen deutschen Territorien durch die französischen Revolutionsarmeen (1794) im Jahre 1798 eingerichtet wurde: Völkerrechtlich erfolgte die Abtretung durch den Frieden von Lunéville am 9. Februar 1801. Es erstreckte sich von der Nordeifel bei Blankenheim bis in das heutige Saarland.
Die Präfektur des Département de la Sarre befand sich in Trier. Es war gegliedert in die Arrondissements Trier, Birkenfeld, Prüm und Saarbrücken (Sarrebruck). Hierzu gehörten die Kantone Blieskastel, Lebach, Merzig, Ottweiler, Saarbrücken, Sankt Arnual (jetzt Stadtteil von Saarbrücken) St. Wendel und Waldmohr. Der größte Teil des 4935 Quadratkilometer umfassenden Gebietes gehörte zuvor zum Kurfürstentum Trier. Die Einwohnerzahl betrug 273 569 Einwohner (1809).
Für die männlichen Einwohner hatte die Annexion besonders weit reichende Folgen, da sie fortan zum Dienst in der französischen Armee gezogen werden konnten und wurden. Die »Grande Armée« besaß zahlreiche »nicht-französische« Truppe. Das Große Hauptquartier, die kaiserliche Garde, das 1., das 2. und das 3. Armeekorps bestanden überwiegend aus »reichsfranzösischen« Truppen. Diese Truppen galten unbestritten als »Kern der Grande Armée«, obwohl sie eine Reihe »fremder« Truppen besaßen. Auch das 1., 2. und 3. Kavalleriekorps enthielt zahlreiche fremde Regimenter. Diese waren allerdings mit den reichsfranzösischen Einheiten so vermengt, dass diese Kavalleriekorps als »überwiegend französisch« galten. Dabei bleibt allerdings unberücksichtigt, dass zahlreiche der »reichsfranzösischen« Soldaten in Gebieten konskribiert wurden, die erst nach der Revolution von Frankreich annektiert worden sind, wie zum Beispiel das Saarland und das Rheinland, deren Bewohner sich in der Regel nicht als »Franzosen« fühlten. Insgesamt galten etwa 300.000 Mann des Heeres als »Reichsfranzosen«. Damit waren weit mehr als die Hälfte der Soldaten der Grande Armee »Nicht-Franzosen«.
Zitiervorschlag
Altbrief; Feldpostbrief, Philipp (Filipp) Franzen an seinen Vater Jean Franzen in St. Wendel / Saarland, 1811, 28.10.1811; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 3.2012.524,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/cdccf66a-8850-4138-a3bb-fa2c5f00de7d (zuletzt aktualisiert: 27.11.2024)