Geografischer Bezug
Deutschland, Frankreich, Besancon, St. Wendel
Geografischer Bezug
Preußen
Feldpostbrief aus der Zeit der Napoleonischen Kriege, geschrieben in Besancon am 18. Juni 1811:
1. Transkript:
»»Besancon, den 18ten Juny 1811
An Liebe Ältern = Vater und Muter = Bruder und alle Freunde ich lase auch alle grüsen und verhof schreibn wird sie bey guter Gesundheit antrefen = ich bin auch gott sei gedankt frisch und gesund und hab euer Schreiben den 19ten erhalten mit rächten Freiden und auch alles so gut gemacht alles aus mein Mögelichsten Fleisch [?] so gut ich ge[?] hab gut zu sein = Sonsten kann ich auch nichts Neues schreiben als das in dieser Stadt so schön wahr auf Fronleichnahms Tag = als ich noch mein Leben etwas gesehen hab Wär ich zu Haus ich sold kein Bang haben vor dem nach Kriek mit meinem […] hir weis man nichts von unserem Gesprech und ist auch nicht war =
Den Brief d[…] etz […] nur geschrieben hab = hatt mich 15 Su kost. Macht mir die Brief frey dan hab ich 15 Su gelenth vor Ihn zu Lesen = [Schnörkel, unleserlich]
Ihr wüst wie es bey mir ist wieder schreib ich eucht Wieder schließ ich mein Schreiben und grüs mein Schatz = viel hundert tausend mahl = Barara Toiry und seine älternb = Leibes Barbel es ist grad wie ich schreibe Lieber Bruder, volög Deinem Vater wär ich noch zu Haus ich sold gewies nicht mer sein wie ich wahr –
Mein grus an euch bist in den Todt
Philip Franzen
Zusatz: Ich hab ein Brief mit dem Man von oberkirchen geschieck an J. […] Forsch nacht on er Ihn bekommen hat oder nicht
[Adresse vorn]
Monsieur _ Monsieur
Jean Franzen a St. Wendell
Canton d. St. Wendell
Departs: de la Sarre
A St. Wendell”
2. Person:
Philipp Franzen, der aus dem Kanton St. Wendel im Saarland stammende Schreiber dieses Briefes, gehörte zu den so genannten »Reichsfranzosen« bzw. »Nicht-Franzosen« in der "Grande Armee".Geboren wurde Franzen am 19. September 1791 in St. Wendel als Sohn des Schuhmachers Johann (Jean) Frantzen und seiner Frau Barbara Franzen, geborene Cloos. Er diente im 56. Linien-Infanterie-Regiment (56ème régiment de ligne), das dem 2. Armeekorps unter Marschall Nicolas Oudinot, Herzog von Reggio, und dort der 6. Division unterstellt war.
3. Stempel, Dokument:
- schwacher Stempel auf der Adresseite "34 [?] Besancon´"
4. Allgemeiner historischer Kontext:
Die Französische Revolution und das Kaiserreich Napolens I. bedeuteten für das Saarland einen fundamentalen Epocheneinschnitt. Fast 20 Jahre lang wurde es integraler Bestandteil Frankreichs und hatte so unmittelbar Anteil an der französischen Entwicklung mit der Aufhebung der Feudalrechte und der Errichtung einer Eigentümergesellschaft. Als Département de la Sarre wurde es zu einem französischen Verwaltungsbezirk, der nach der Eroberung der linksrheinischen deutschen Territorien durch die französischen Revolutionsarmeen (1794) im Jahre 1798 eingerichtet wurde: Völkerrechtlich erfolgte die Abtretung durch den Frieden von Lunéville am 9. Februar 1801. Es erstreckte sich von der Nordeifel bei Blankenheim bis in das heutige Saarland.
Die Präfektur des Département de la Sarre befand sich in Trier. Es war gegliedert in die Arrondissements Trier, Birkenfeld, Prüm und Saarbrücken (Sarrebruck). Hierzu gehörten die Kantone Blieskastel, Lebach, Merzig, Ottweiler, Saarbrücken, Sankt Arnual (jetzt Stadtteil von Saarbrücken) St. Wendel und Waldmohr. Der größte Teil des 4935 Quadratkilometer umfassenden Gebietes gehörte zuvor zum Kurfürstentum Trier. Die Einwohnerzahl betrug 273 569 Einwohner (1809).
Für die männlichen Einwohner hatte die Annexion besonders weit reichende Folgen, da sie fortan zum Dienst in der französischen Armee gezogen werden konnten und wurden. Die »Grande Armée« besaß zahlreiche »nicht-französische« Truppe. Das Große Hauptquartier, die kaiserliche Garde, das 1., das 2. und das 3. Armeekorps bestanden überwiegend aus »reichsfranzösischen« Truppen. Diese Truppen galten unbestritten als »Kern der Grande Armée«, obwohl sie eine Reihe »fremder« Truppen besaßen. Auch das 1., 2. und 3. Kavalleriekorps enthielt zahlreiche fremde Regimenter. Diese waren allerdings mit den reichsfranzösischen Einheiten so vermengt, dass diese Kavalleriekorps als »überwiegend französisch« galten. Dabei bleibt allerdings unberücksichtigt, dass zahlreiche der »reichsfranzösischen« Soldaten in Gebieten konskribiert wurden, die erst nach der Revolution von Frankreich annektiert worden sind, wie zum Beispiel das Saarland und das Rheinland, deren Bewohner sich in der Regel nicht als »Franzosen« fühlten. Insgesamt galten etwa 300.000 Mann des Heeres als »Reichsfranzosen«. Damit waren weit mehr als die Hälfte der Soldaten der Grande Armee »Nicht-Franzosen«.
Zitiervorschlag
Altbrief; Feldpostbrief von Philipp (Filipp) Franzen an seinen Vater Jean Franzen in St. Wendel / Saarland, 1811, 18.06.1811; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 3.2012.401,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/9b1c419c-82e7-4108-a120-c3e94b9982e4 (zuletzt aktualisiert: 27.11.2024)