Geografischer Bezug
Deutschland, Holland, Amersfort, St. Wendel
Geografischer Bezug
Preußen
Feldpostbrief aus der Zeit der napoleonischen Kriege, geschrieben in Amersfoort am 6. Januar 1812:
1. Transkript:
»»Ammesfort den 6ten Jener 1812
An liebe ältern Vater = und Muter und Brüder = ich lase euch alle grüßen und wünsche euch alle eine glücklich neus Jahr = so viehl Klieck soll euch begehnen bist ein Jeder wig ein pont oder ein Has jag ein Hund oder ein Mellen stein schwimmt über dem Rhein so lang solst Ihr von mir gegrüs sein Liebe ältern wir liegen jets = 4 Stund von utrecht nemlich in amtersfort in den Kassern da geht’s als sehr schlecht das balt [?] gar nicht zu machen ist ohne geld Jetzt dieses ist der letze prief den ich euch schreibe = wo vehr [?] ich kain geld bekomme = dan ich hab euren prief wohl verstande = dan mus ich mich auf gott verlasen = und leben in hunger und Elent = aber ich kann nur ein mahl mit permison auf Haus
Jetz hab hir mir ein mahl geschrieben Ich bekom den 20 ocktober geld = Jetz schreib Ihr mir wieder so = und Ihr hab das Rind [?] ver Kauf vor 4 Karlien und hab mir nur 4 neue Thaler geschick das gemant mich villich [?] Jetz wahr ich schon 24 Tag in dem Spiedal und hab miesen = Geld lehne ich bey meine Kamerathen = wo ich jetz sehr gezongen sein um Geld so schick ihr mir 6 neue Thaler damit ich doch wieder lebe kann = ich […] sie schlecht aus = euer letzer brief hat mich 10 Stieber [?] kost hat [?] Ihr [?] kein […] Su mehr gehab for Ihn Frei zu machen = schreib mir gleich wieder = […] ich […] keinen mehr der nicht […]
Der alls [?] Fater [?] hab ich sein Brief gegeben […] Ihn und warf in Ihn [?] ein Keiner das war mein lose und Er wahr 6 wochen im Spital Er las sein leith grießen
Wan jetz mir Kaein geld schiek so schreib ich ein voll mach an ten bickin dan kann Ihr gesien w[..] Es get
Ich bin euer lieber Sohn Filip Franzen
Adresse vorn:
[Stempel 118 Amersfoorth]
Monsieur Monsieur Jean
Franzen a Sant Wendell
Arrondisement Sarrbrik
Canton St. Wendell
Departs: dela Sarre="
2. Person:
Philipp Franzen, der aus dem Kanton St. Wendel stammende Schreiber dieses Briefes, gehörte zu den »Reichsfranzosen« bzw. »Nicht-Franzosen« in der Grande Armee. Er diente im 56. Linien-Infanterie-Regiment (56ème régiment de ligne), das dem 2. Armeekorps unter Marschall Nicolas Oudinot, Herzog von Reggio, und dort der 6. Division unterstellt war.
3. Dokument:
Stempel: "118 Amersfoort" auf der Adressseite
4. Allgemeiner historsicher Kontext:
Die Französische Revolution und das Kaiserreich Napolens I. bedeuteten für das Saarland einen fundamentalen Epocheneinschnitt. Fast 20 Jahre lang wurde es integraler Bestandteil Frankreichs und hatte so unmittelbar Anteil an der französischen Entwicklung mit der Aufhebung der Feudalrechte und der Errichtung einer Eigentümergesellschaft. Als Département de la Sarre wurde es zu einem französischen Verwaltungsbezirk, der nach der Eroberung der linksrheinischen deutschen Territorien durch die französischen Revolutionsarmeen (1794) im Jahre 1798 eingerichtet wurde: Völkerrechtlich erfolgte die Abtretung durch den Frieden von Lunéville am 9. Februar 1801. Es erstreckte sich von der Nordeifel bei Blankenheim bis in das heutige Saarland.
Die Präfektur des Département de la Sarre befand sich in Trier. Es war gegliedert in die Arrondissements Trier, Birkenfeld, Prüm und Saarbrücken (Sarrebruck). Hierzu gehörten die Kantone Blieskastel, Lebach, Merzig, Ottweiler, Saarbrücken, Sankt Arnual (jetzt Stadtteil von Saarbrücken) St. Wendel und Waldmohr. Der größte Teil des 4935 Quadratkilometer umfassenden Gebietes gehörte zuvor zum Kurfürstentum Trier. Die Einwohnerzahl betrug 273 569 Einwohner (1809).
Für die männlichen Einwohner hatte die Annexion besonders weit reichende Folgen, da sie fortan zum Dienst in der französischen Armee gezogen werden konnten und wurden. Die »Grande Armée« besaß zahlreiche »nicht-französische« Truppe. Das Große Hauptquartier, die kaiserliche Garde, das 1., das 2. und das 3. Armeekorps bestanden überwiegend aus »reichsfranzösischen« Truppen. Diese Truppen galten unbestritten als »Kern der Grande Armée«, obwohl sie eine Reihe »fremder« Truppen besaßen. Auch das 1., 2. und 3. Kavalleriekorps enthielt zahlreiche fremde Regimenter. Diese waren allerdings mit den reichsfranzösischen Einheiten so vermengt, dass diese Kavalleriekorps als »überwiegend französisch« galten. Dabei bleibt allerdings unberücksichtigt, dass zahlreiche der »reichsfranzösischen« Soldaten in Gebieten konskribiert wurden, die erst nach der Revolution von Frankreich annektiert worden sind, wie zum Beispiel das Saarland und das Rheinland, deren Bewohner sich in der Regel nicht als »Franzosen« fühlten. Insgesamt galten etwa 300.000 Mann des Heeres als »Reichsfranzosen«. Damit waren weit mehr als die Hälfte der Soldaten der Grande Armee »Nicht-Franzosen«.
Zitiervorschlag
Altbrief; Feldpostbrief, Philipp (Filipp) Franzen an seinen Vater Jean Franzen in St. Wendel / Saarland, 1811, 6.1.1812; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 3.2012.525,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/c2029d0f-137c-44f7-bd1e-07bdc4664d17 (zuletzt aktualisiert: 27.11.2024)