"Neuartige Beutelgestelle aus Stahlrohr
1) Zu den ersten Aufgaben, mit denen das neugegründete PTZ sich beschäftigte, gehörte die Verbesserung der im Postdienst verwendeten Beutelgestelle. Die bisher verwendeten Beutelgestelle bestehen fast sämtlich aus Holz und besitzen als Klammern horizontal gelagerte Haken, deren Spitze senkrecht auf einer vertikalen Holzfläche aufliegt. Die Hauptnachteile dieser Gestelle sind, daß sie im Lauf der Jahre 'wacklig' werden, daß ihre meistbeanspruchten Holzteile zu splittern anfangen und daß sich in ihnen nur Postbeutel mit kräftigem Wulst fest aufhängen lassen. Die Beutel pflegen insbesondere dann abzufallen, wenn die Haltestangen der Klammern oder die Klammern selbst sich verbogen oder gelockert haben, oder wenn die vertikalen Holzflächen, auf denen die Klammernspitzen aufliegen, durch Absplitterung beschädigt sind. Als Mangel wird auch empfunden, daß die Wülste eingehängter Beutel sich unterhalb der Oberkante der Beutelhaltestangen befinden, und daß gefüllte Beutel vor dem Ausspannen in der Regel erst angehoben werden müssen. Ein Mangel schließlich auch, daß die Beutelgestelle wegen ihres erheblichen Raumbedarfs, ihrer nicht ausreichenden Stabilität und der ungenügenden Haltekraft ihrer Klammern für den Bahnpostbetrieb ungeeignet sind, so daß für die Bahnposten bisher besondere Beutelgestelle aus Eisen mit Spezialklammern, hauptsächlich Bügel-, Frosch- oder Ringklammern, beschafft werden mußten. Diese Mängel und das Ansteigen der Preise für Holz nach dem Kriege veranlaßten das PTZ, Beutelgestelle zu entwickeln, die aus Stahlrohr bestehen und mit leistungsfähigeren Klammern als den bisher verwendeten versehen sind.
2) Das PTZ ging bei seinen Entwicklungsarbeiten von den Typen aus, die in den Normblättern über Beutelgestelle (RPZ 427 414/1 u 2) festgelegt sind. Die Type B von geringerer Höhe und mit geringerer Spannweite für Briefbeutel und die Type P von größerer Höhe und mit größerer Spannweite für Päckchenbeutel wurden beibehalten. Jede Type wurde wie bisher für verschiedene Beutelzahlen, einreihig und zweireihig, ortsfest und fahrbar hergestellt (Abb. 3 u. 8). Auch Klappgestelle (Abb. 5 u. 6) und Wandstangenpaare (Abb. 4) wurden in verschiedenen Größen vorgesehen. Eine nicht unwesentliche Verbesserung wurde dadurch erreicht, daß der Neigungswinkel der Gestelloberseiten und die Spannweite für die einzelnen Beutel vergrößert wurden; das Bewerfen der Beutel mit Sendungen ist durch diese Änderung erheblich erleichtert worden. Eine weitere Neuerung besteht darin, daß die fahrbaren Beutelgestelle in ihrer Höhe verstellbar sind. Die Stangen, an denen die Räder befestigt sind, lassen sich aus dem Gestell herausziehen und können durch Aufstecken von Rohrstutzen in der herausgezogenen Stellung festgestellt werden. Die fahrbaren Gestelle können daher jederzeit sowohl für sich allein als auch als drei- oder vierreihige Kombination (Abb. 8) verwendet werden. Besonderer Wert wurde auf die Verwendung einer einwandfreien Beutelklammer und praktischer Kursschilder gelegt.
a) Die Beutelklammer, deren Form aus Abb. 1 gut ersichtlich ist, besitzt betriebliche Eigenschaften, die bisher von noch keiner im Postdienst verwendeten Beutelklammer erreicht worden sind. Sie verriegelt Postbeutel mit und ohne Wulst, und zwar automatisch durch ihre eigene Schwerkraft und den senkrechten Zug der Beutel. Jede Klammer besitzt eine Tragkraft von mehr als 1 Zentner und überschreitet somit die im Postdienst erforderliche Leistungsfähigkeit um ein Vielfaches. Während sich bei den bisher verwendeten Beutelklammern die Beutelränder unterhalb der Haltestangen befanden, liegen die Beutelränder bei den Beutelklammern auf den Haltestangen. Die Beutel hängen daher höher als früher; das bedeutet, daß die Beutelöffnungen leichter beworfen und die Säcke, da sie weniger stark auf dem Boden aufliegen, leichter gefüllt werden können. Auch das Ausspannen der Säcke wird durch die neue Klammer erleichtert. Während bisher die Säcke beim Ausspannen in der Regel angehoben werden mußten, genügt bei der neuen Klammer ein leichter Aufwärtsdruck auf die Klammernase.
b) Die Kursschilder bestehen aus gebogenen Blechstreifen, die zwischen die Beutelgestellstangen gesteckt werden (Abb. 2). Die Schaufront des Schildes dient zur Aufnahme der Kursbezeichnung, während der als Rinne gestaltete untere Teil des Schildes die Beutelfahnen aufnimmt. Besonders vorteilhaft ist, daß das Schild beim Bewerfen mit Sendungen federt, wodurch Sendungen und Schild geschont werden.
3) Die Stabilität der neuen Stahlrohr-Beutelgestelle und die große Haltekraft ihrer Klammern lassen sie auch für die Verwendung im Bahnpostbetrieb geeignet erscheinen (Abb. 7). Fünf Oberpostdirektionen, die bisher Gelegenheit hatten, die neuartigen Gestelle im Bahnpostbetrieb zu erproben, haben sich für ihre Einführung ausgesprochen. Es darf erwartet werden, daß sich weitere OPDn diesem Standpunkt anschließen werden. Damit wäre das Ziel, eine einheitliche Beutelklammer für alle Postdienstzweige einzuführen, seiner Verwirklichung nahe.
4) Die Entwicklung eines neuartigen Paketsackes durch das PTZ machte es notwendig, neben den Gestelltypen für Brief- und Päckchenbeutel eine besondere Type für Paketsäcke (Abb. 9) zu gestalten. Die Paketsackgestelle besitzen - im Gegensatz zu den anderen Beutelgestellen - eine horizontal gelagerte Oberseite, so daß die mit einem rechteckigen Boden versehenen Paketsäcke formgerecht aufgehängt und gefüllt werden können. Bemerkenswert ist, daß die Tragkraft der Klammern es erstmalig zuläßt, Paketsäcke freischwebend aufzuhängen.
5) Bestellung der neuen Stahlrohr-Beutelgestelle. Nach der vorläufigen Zuständigkeitsübersicht für das Beschaffungswesen der DRP (ZÜB) - Allgemeiner Postbedarf - werden die Beutelgestelle durch das PTZ beschafft. Zu diesem Zweck teilen die OPDn im Rahmen der zur Verfügung stehenden Ausgabemittel dem PTZ ihren Bedarf laufend zum 1. jedes Vierteljahres mit (Schrb. des PTZ I B/III B 1282-1 vom 20.2.50 an alle OPDn)."
(Mitteilung aus dem Posttechnischen Zentralamt Darmstadt, Nr. 1, August 1950, Seite 7-11)
Zitiervorschlag
Beutelgestell, mit drei Richtungsanzeigern, Verwurfschild, Postamt Hamburg 71 (Bramfeld), Deutsche Bundespost, ; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 3.2011.3726,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/bd473b38-6cab-4f09-89be-2ad6e7acfab5 (zuletzt aktualisiert: 26.11.2024)