Eberfeld, den 5. März 1751
Herzliebste Eltern,
ich hoffe, dass ich Sie noch zusammen
bei guter Gesundheit antreffen werde, wie es meinerseits,
Gott sei´s gedankt, der Fall ist.
Diese möge uns Gott in Stetigkeit
allzeit weiterhin verleihen.
Nun muss ich schuldigerweise mitteilen, was
mir bisher passiert ist. Mein Reise ist sehr bequem
als auch verdrießlich geworden. Am 1. Tag kamen wir
nachts um 12 Uhr in Münster an und ich habe in des Hrn. Bockers
Haus geschlafen, bis wir am nächsten Tag morgens
um 10 Uhr wieder nach Dülmen abfuhren. Wir kamen
am Abend um 5 Uhr an, und es war auf jener Seite ein
so großes Wasser, dass man sich abends nicht
durchtrauen durfte, weil vor einigen Jahren der Postwagen
in diesem Wasser umgefallen und das
beste Pferd darin ertrunken war. So mussten wir dort
über Nacht bleiben. Die Leute wollten am anderen
Morgen nicht mal für meine Verköstigung ihre Bezahlung
haben. So bedankte ich mich und reiste ab.
Um 5 Uhr kamen wir an die Haus Brandenburg genannte
Poststation. Nicht weit davon entfernt war die Ems so breit,
dass wir unmöglich da durch konnten und wieder die Nacht über
liegen bleiben mussten, bis wir dann am anderen Morgen um 6
Uhr da wieder abfuhren. Als wir dann an die Ems kamen, war das Wasser auf dem regulären Fahrweg (obwohl sonst kein
[Hoch-]Wasser zu sehen war) so tief, dass es mitten durch
den Wagen lief und ich noch mit einem Anderen genötigt war, uns
mit einem Boot übersetzen zu lassen. Mitsamt dem
Postwagen mussten wir uns [ebenfalls] mit einem Schiff über die Ruhr fahren lassen. Als ich dann drüben war, dachte ich, wir
hätten jetzt die Aussicht gewonnen, leicht nach Elberfeld zu kommen.
Als wir nachmittags um 4:30 Uhr nach Düsseldorf kamen, war der
Elberfelder Wagen bereits morgens um 8 Uhr abgefahren.
So blieb ich dann die Nacht über bis zum nächsten Morgen beim
Hrn. Postmeister. Ich wollte mir einen Boten nehmen, der mir
den Weg zeigen sollte, denn es ist noch eine schwierige Strecke
von Düsseldorf aus. Der Hr. Postmeister sagte, ich solle mich nicht
alleine auf den Weg begeben, da den Weg nicht wüsste und
zudem könnte man sich zwischen den Bergen leicht
verlaufen. Auch liefe da allerlei [zwielichtiges] Volk herum.
So fragte ich dann den Boten, was ich ihm [dafür] geben müsste.
Er forderte mir einen Reichstaler Elberfeld ab. Aber das war mir
viel zu teuer. So fragte ich dann einen anderen. Der forderte
von mir das gleiche, wie der vorige, wollte es mir aber für
eine ¾ Reichstaler Elberfeld machen. Aber das war mir auch zu viel.
Denn ich dachte daran, dass ich dem Boten so viel geben sollte und
für meinen Koffer auf der Post noch mal so viel. So ging ich in Düs-
seldorf herum und wartete auf eine [bessere] Gelegenheit. Da ich
keine fand, musste ich mich am Mittwoch auf die Post[-kutsche]
setzen und bis Elberfeld einen Konventionstaler bezahlen.
So hatte ich meine mitgeführten Sachen [gebühren]-frei und bin auch
den gleichen Abend gesund und ohne Schaden angekommen.
Der Hr. Bockholtz hat mich auch schon empfangen
und mir gesagt, wenn ich etwas bräuchte und nötig hätte,
ich es nur von ihm holen sollte. Deshalb kann ich gar nichts
Besonderes von hier vermelden. Soviel ich aber
bemerkt habe, sind die Menschen in unserem Hotel
recht ehrbare Leute und ihre Haushaltung ist unserer
fast gleich, weil es ständig voller Menschen hohen
und niederen Standes ist. Bei mir sind noch 2 Postreisende,
der eine lutherisch, der andere reformiert. Am
Dienstag kamen wir mittags in Düsseldorf an, um
westfälische Schinken und Würste zu vertreiben (?). Da ich
merkte, dass der Postmeister und besonders seine Ehefrau die Inhaber [des Hotels] waren, präsentierte ich ihnen
dann die mitgebrachte Wurst, sie schnitten diese
unten auf und probierten sie. Sie gefiel ihnen
so gut, dass sie mich baten, sie ihnen zu überlassen.
Sie wollten dafür dankbar bezahlen. Während ich aber
nichts dafür verlangte, haben sie mir beinahe 18 Stüber
dafür gegeben. Ich habe ihnen dann gesagt, dass
wir noch zu Hause Schinken und auch Sise boulon (?) vorrätig
hätten. Sie haben mich gebeten nach Hause zu schreiben,
dass er sie gut bezahlen könne, da Sie zu Hause den Hrn.
Postmeister in Düsseldorf ja nicht kennen würden. Er hat mir
auch gesagt, dass er an Sie schreiben wolle, etliche Stücke oder von jedem eine halbe Dousin (?) zu schicken. Danach will
er laut übermitteltem Preis die Gelder dafür an den Herrn
Grottveld in Münster anweisen oder wohin Sie es wünschten.
Als sie mich nach dem Preis fragten, habe ich gesagt, Schinken
9 bis 10 Pfd. bis 1 Reichstaler Elberfeld und der Cise boulon (?)
4 bis 4 ½ Pfd. bis 1 Reichstaler Elberfeld, da sie köstlich und echt wären. Sodann habe ich mir Düsseldorf gut angesehen. Das mir
schon beschriebene aus Erz gegossene Denkmal mit dem Kurfürsten
und dem Pferd ist noch da. Aber
es ist dort auch eine aus Erz gegossene Fontaine gewesen,
die ist nicht mehr da. Besonders das Pferd ist sicher die
Mühe wert, [es] zu betrachten. Es ist genau so groß wie der
Schimmel des Hrn. Fuhrmann in Rheda und steht, als ob es
ginge, 2 Füße in die Höhe, 2 auf dem Boden. Es steht
auf einer erzgegossenen Platte, augenscheinlich ½ Fuß dick,
und anschließend auf einem aus weißen Steinen gemauertem
Sockel. Hiermit schließe ich zusammen den besten Grüßen
an den Bruder und die Schwester, an alle guten Freunde und Bekannten. Ich bin und verbleibe als
ganz untertäniger und gehorsamster Sohn
Joan Conrad Otterpohl
Einen Gruß von vom Hrn. Bockholtz
und Hrn. Stutberg wie auch von Hrn.
und Frau Kuckelsberg und vom Hrn. Steinberg
Der Hr. Postmeister hat mir auch
gesagt, wenn Sie etwas an mich
zu schicken hätten, bräuchten Sie
[es] nur an ihn nach Düsseldorf zu adressieren.
Dann ist der Versand bis Düsseldorf [kosten-]frei .
Die Elberfelder Post führt jemand
anderes. Ich muss dann von Düsseldorf
bis Elberfeld das Porto zahlen.
Die Adresse an den Hrn. Postmeister ist
An den Herrn
Herr Heimbach, Sekretär
Guerne und Postmeister
Seiner Hoheit S. E. im Schloss
zu
Düsseldorf