Herstellungszeitraum
1914
Herausgeber
Karl Thieme
Maler
Gustav Otto Müller (1827 - 1922)
Hersteller
Lehmannsche Buchduckerei
Geografischer Bezug
Deutschland; Sachsen; Bayern; Österreich
Blattmaß (b x h)
90 x 140 mm
Systematik
Archivalien/Archiv MK Berlin/Bildpostkarten, Ansichtspostkarten, Gruß- und Glückwunschkarten
Beschriftung
Original-Eigentum Geh. Postrat Karl Thiem, Grossgraupa-Dresden, Lehmannsche Buchdruckrei Dresden-N., Obergraben (Rückseite)
Inventar-Nr.
3.2016.1832.12
Schlagworte
Ansichtspostkarte, Königlich sächsische Post, Postgeschichte, Sachsen, Dienstkleidung, Königlich bayerische Post, Kaiserlich Königlich österreichische Post, Postillon, Bayern, Österreich
Abgedruckter Text auf beiligenden Textblatt:
"Das Lied ist aus", 1865
Schon fünfundzwanzig Jahre nach dem Entstehen der Eisenbahnperiode gab es in Deutschland und Oesterreich kaum noch einen bedeutenderen Ort, an welchen sich nicht die Schienenstraße herangedrängt hätte. Zu diesen wenigen Ausnahmen gehörte noch der weltbekannte Kurort Fanzensbad. Im Jahre 1865 schlug aber auch für Franzensbad die Stunde. Bis dahin hatten die vielen Hunderte von Patienten, die den heilkräftigen Quellen zuströmten an der letzten Station die Sächsischen und Bayrischen Bahnlinien verlassen, um ihr Reiseziel auf dem Eilwagen oder mit Extrapost zu erreichen. Die meisten Kurgäste konnten sich diese Mehrausgabe schon leisten und auch den schmucken Postillion, der seine besten Stücke blies, mit einem Extratrinkgeld erfeuen. Da gab es bei dem Kaiserlich-Königlichen Postamt zu Franzensbad ein buntes Gedränge von Österreichischen, Bayrischen und Sächsischen Postillionen, die in guter Kameradschaft miteinander lebten und sich gern ein Schöppchen gönnten. Auf unserem Bilde erblicken wir drei solche brave Ritter vom steifen Stiefel. Ach, in den Becher ihrer Daseinsfreude fällt ein bittrer Tropfen banger Beklemmung, als sie den ersten Wagenzug auf der neuen Eisenbahn heranbrausen sehen. So viel Passagiere schleppt das eiserne Ungetüm heran, so viel "honorige" Passagiere, wie kaum in zwanig Extrapostkutschen Platz hätten. Wo bleiben wir armen Postillione? Ist wohl ihre sorgenvolle Frage. Der lebhafte Oesterreicher agiert grimmig mit den Händen, als möchte er am liebsten die heimtückische fauchende Lokomotive von den Schienen herunterstoßen, der betrübte Sachse vergißt ganz und gar den tröstlichen Schoppen, den er in der Rechten hält. Das treffliche österreichische Bier kommt ihm heute gallenbitter vor. Am meisten erregt unsere Sympathie der brave alte Bayer, der in seinem einfachen blauen Stallkamisol auf dem Bänkchen vor dem Hause sitzt. Hätte er wie die beiden anderen Kameraden auch seine Galauniform an, so könnten wir deren schucke Erscheinung bewundern, denn die Bayrische Verwaltung hat der geschmackvollen Ausstaffierung ihrer Postillione immer etwas los gehabt.
Unser ergrauter Bayrischer "Schwager" schaut auf die gewaltige Rauchsäule der Lokomotive, indes seiner Pfeife kein Wölckchen mehr entsteigt. Vieleicht denkt er:
Rauch ist alles ird'sche Wesen!
Wie des Dampfes Säule weht
Schwinden alle Erdengrößen
- Auch der Postillion vergeht.
Und inzwischen ist der Postillion vergangen. Wenn auch der Name "Postillion" geblieben, es steckt in diesem Wortgehäuse doch weiter nichts mehr als ein uniformierter Rollkutscher oder gar ein Chauffeur, der bloß noch Briefe und Pakete zu karren hat. Mit dem alten Postillionsgeschlecht ist auch das Posthorn vergangen. Wer weiß denn noch etwas von dem poesievollen Klang des Posthorns, wenn es von der stillen Landstraße her seine Zaubertöne über schlafende Dörfer und Städte ergoß? Aber in ungezählten Widmungen ist von Poeten und Musikern den Tagen der Romantik des Postillions und seines Zauberhörnleins doch ein dauerndes Denkmal gesetzt worden.
Zitiervorschlag
Ansichtspostkarte; Postillon der Königlich sächsischen Post, der Königlich bayerischen Post und der Kaiserlich-königlich österreichischen Post in Dienstkleidung in Franzensbad bei der Beobachtung des ersten Eisenbahnzugs, ungelaufen, ; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 3.2016.1832.12,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/9f421273-b96c-43b3-96dc-c366b34fabaa (zuletzt aktualisiert: 29.11.2024)