Schlagworte
Wertzeichengeber, Automatisierung, Kaiserlich Deutsche Reichspost, Referenzobjekt, Reichspostmuseum
In der Deutschen Verkehrs-Zeitung (Berlin) von 1902 wurde auf Seite 4 ein Kurzbericht über die ersten Wertzeichengeber abgedruckt: "Ein Briefmarkenautomat zum Verkauf von Freimarken zu 5 und 10 Pfennigen ist seit einigen Tagen im Postamt 66 probeweise dem öffentlichn Verkehr übergeben worden. Die Anweisung für den Gebrauch des Automaten, in deutlicher weißer Schrift auf weißen Emailleschildern, hebt sich von der dunkelgrün gehaltenen und mit dünnen schwarzen und goldenen Linien abgesetzten Vorderseite des Apparates wirksam ab. Zunächst zeigen Aufschriften '5 Pf.=Marke' und '10 Pf.=Marke' über den Geldeinwurfstellen an, auf welcher Seite des Apparates die genannten Freimarken zu entnehmen sind. Werfen wir nun ein 5= oder 10=Pfennigstück in der bei allen Automaten üblichen Weise ein, so sollen wir 'nachdem Geldstück hinuntergefallen, am Ringe ziehen, bis Marke sichtbar' wird. Kommen wir dieser Aufforderung nach, so erscheint unter einer Glasscheibe, die in einen kleinen Rahmen mit Druckknopf eingelassen ist, blitzschnell die gewünschte Marke. Soweit spielt sich alles wie bei den bekannten Waarenautomaten ab. Während man aber bei einem gewöhnlichen Automaten jetzt ohne Weiteres den gekauften Gegenstand entnehmen kann, trennt uns hier noch die Glasscheibe vom Gegenstand unseres Wunsches, und wir müssen nun erst den Rahmen mit der Glasscheibe an dem 'Knopf nach links drücken und Marke abreißen'. Die Glasscheibe mag auf den ersten Blick unzweckmäßig erscheinen, weil sie beim Kauf einer Marke noch einen besonderen Handgriff erforderlich macht. Sehen wir uns aber die Wirkungsweise des mit ihr zwangläufig verbundenen Mechanismus im Inneren des Apparates an, so erkennen wir ihren wichtigen Zweck: Mittelbar hält sie nämlich den in Form eines zusammengerollten Streifens im Automaten befindlichen Markenvorrath in der Weise fest, daß nur die jeweilig zu verausgabende Marke an der Perforation abgerissen werden kann. Reißt man die sichtbar gewordene Marke nunächst noch nicht ab, so kann man nach weiterem Einwurf eines Geldstückes eine zweite Marke sichtbar werden lassen u.s.w. Sämmtliche so erscheinenden Marken zusammen, bilden einen Streifen und brauchen schließlich nur in der gekennzeichneten Weise an der Perforation der zuletzt hervorgetretenen Marke abgetrennt zu werden.
Der Automat ist in die Schalterwand eingebaut, sodaß er vom Dienstraum aus überwacht und mit Marken beschickt werden kann. Diese Anordnung ist deshalb von besonderer Wichtigkeit, weil das etwa Erfolgte Einwerfen von Falschstücken oder minderwerthigen Geldstücken sofort von dem Schalterbeamten bemerkt werden kann. Der Apparat ist von einem deutschen Ingenieur Abel unter Berücksichtigung von Vorschlägen der Postverwaltung hergestellt worden. Die zur Beschickung des Apparates erforderlichen Markenrollen werden aus den gewöhnlichen Markenbogen mit Hülfe einiger einfacher Werkzeuge in der Reichsdruckerei angefertigt: Zu diesem Zwecke werden die Bogen in je 10 Streifen zerschnitten; diese Streifen werden zu einem Bande aneinandergeklebt und alsdann zusammengerollt.
Hoffentlich sind nunmehr die technischen Schwirigkeiten überwunden, die sich bis jetzt dem Bau eines für den Betrieb einfachen und zuverlässigen, sowie der Eigenart des Markenmaterials angepassten Briefmarken-Automaten entgegenstellt haben und wird - zur Entlastung der Schalterstellen - vom Publikum ein ausgedehnter Gebrauch von dieser Einrichtung gemacht werden."
(DVZ, Nr. 1/ 1902, Seite 4)
Zitiervorschlag
Wertzeichengeber, Wandeinbau Modell Abel mit Emaille-Schildern "Briefmarken-Automat", 1901 - 1902; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 3.2006.1668,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/f59e9327-dac8-41dc-a94a-32992bf1f4e1 (zuletzt aktualisiert: 26.11.2024)