Telefonhäuschen sollten allen den Zugang zum Telefonnetz ermöglichen, konnten diesen Anspruch aber oft nur bedingt erfüllen. Unerreichbar waren die öffentlichen Münzfernsprecher in den Fernsprechhäuschen insbesondere für Rollstuhlfahrer*innen, denn die schmale Eingangstür und die Bodenschwelle waren für sie unüberwindbare Hindernisse. Ein neues Telefonhäuschen sollte Abhilfe schaffen und im Mai 1980 stellte die Deutsche Bundepost das erste rollstuhlfahrergerechte Exemplar vor. Allein durch seine imposante Größe zog das neue gelbe Telefonhäuschen die Blicke auf sich.
Vorausgegangen war 1978 ein öffentlicher Wettbewerb um die Entwicklung eines für Rollstuhlfahrer geeigneten Fernsprechhäuschens. Die zuständigen Stellen der Deutschen Bundespost und von Behindertenverbänden hatten Wünsche und Anforderungen formuliert, aber erst der Praxistest konnte zeigen, ob die neuen Telefonzellen die in sie gesetzten Erwartungen auch erfüllen konnten. Das Pilotprojekt mit einer Kleinserie von elf Stück begann in der zweiten Maiwoche 1980 und in elf deutschen Städten, verteilt über die verschiedenen Oberpostdirektionen, wurde je eines der 2x 2 m großen Telefonhäuschen aufgestellt. Um die Nutzer*innen selbst zu Wort kommen zu lassen, wurde eine Befragung mittels Postkarten eingeplant, die in allen elf Telefonhäuschen auslagen. Die Planung sah 5.000 Postkarten für jedes Häuschen vor – wie viele tatsächlich ausgefüllt und ausgewertet wurden, ist leider den überlieferten Unterlagen nicht zu entnehmen.
Nach Abschluss des zehnmonatigen Feldversuchs und einer Überarbeitung der bei den Prototypen festgestellten Schwachstellen kündigte das Fernmeldetechnische Zentralamt im Januar 1982 an, dass 600 Stück beauftragt und ab Frühjahr 1983 ausgeliefert werden sollen.
Wie das Standard-Telefonhäuschen FeH 78 besteht das FeH R (das R in der Modellbezeichnung steht für Rollstuhlbenutzer) aus Kunststoffteilen, hat aber eine sechseckige Grundfläche von 180 x 180 cm und eine breite, von innen und außen elektrisch zu öffnende Tür. Auch die die Anbringung des Münztelefons und die Halterungen für die Telefonbücher sind auf die besonderen Bedürfnisse von Rollstuhlfahrer*innen ausgerichtet.
Ob es die hohen Kosten, die mancherorts beklagte Zweckentfremdung mit entsprechenden Benutzungsspuren oder andere Unzulänglichkeiten waren – das FeH R konnte nie ganz einlösen, was es bei der Präsentation versprochen hatte.
Ein ehemaliger Mitarbeiter der Bundespost erzählte, dass ein Telefonhäuschen diesen Typs 1985 in Wiesbaden am Beginn der Fußgängerzone an der Ecke Kirchgasse/Rheinstraße aufgestellt wurde. Die große Telefonzelle lockte jedoch zahlreiche Obdachlose an, die dort übernachteten, da sie sich in dem geräumigen Inneren ausstrecken konnten. Die Zelle wurde auch häufig zum Urinieren genutzt, so dass es eine starke Geruchsbelästigung gab und das Häuschen von Telefonkunden kaum mehr genutzt wurde. Daher wurde die Zelle bereits eineinhalb Jahre nach ihrer Aufstellung wieder abgebaut und durch offene Telefonhauben ersetzt.
Zitiervorschlag
Fernsprechhäuschen für Rollstuhlfahrer FeHR mit MünzFw 20, ab 1982; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 4.2009.902,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/f4333f34-8d49-4dfd-ae65-860328274528 (zuletzt aktualisiert: 26.11.2024)