Als schnellstes Nahverkehrsmittel spielte die Rohrpost ungefähr 100 Jahre lang in Berlin und anderen Großstädten eine zentrale Rolle im innerstädtischen Nachrichtenverkehr. Zur schnellen und personalarmen Beförderung wurden eilige Schriftstücke in kleinen Behältern, den Rohrpostbüchsen, mittels Druckluft durch Rohrleitungen transportiert.
Der Ursprung für die Entwicklung der Rohrpost lag in der sich rapide vernetzenden Welt des 19. Jahrhunderts. Ihre Entstehung ging einher mit der erfolgreichen Etablierung der elektrischen Telegrafie. Da für die innerstädtische Zustellung der Telegramme keine modernen Transportmittel zur Verfügung standen, führten die unbefriedigenden Zustellzeiten zur Entwicklung neuer technischer Lösungen und zur Entstehung der Rohrpost. Von einer Londoner Idee inspiriert war es Werner von Siemens der 1865 in Berlin die erste Rohrpostverbindung errichtete, aus der sich später die größte Rohrpostanlage der Welt entwickeln sollte. Als die »Berliner Stadtrohrpost« am 1. Dezember 1876 mit 15 Rohrpostämtern und ca. 26 Kilometern Fahrrohrlänge eröffnet und für die Öffentlichkeit nutzbar wurde, gehörte dazu auch schon das Rohrpostamt 5, das sich im Gebäudekomplex des Generalpostamts, dem heutigen Museum für Kommunikation, befand. Später befand sich dort das Postamt W66 und bis 1973 konnten hier Rohrpostsendungen empfangen und versendet werden. Neben den beiden originalen Sende- und Empfangsapparaten des Postamts ist auch die Maschinenstation im Keller erhalten geblieben.
Beim Versand mit Druckluft, d.h. verdichteter Luft, wird die Rohrpostbüchse in den Sendeapparat eingelegt und der Apparat luftdicht abgeschlossen. Über ein seitliches Rohr wird Druckluft eingelassen und die Rohrpostbüchse durch das Fahrrohr gepresst. Die im Rohr enthaltene atmosphärische Luft, die sogenannte Vorluft wird durch Öffnungsrohre am Empfangsapparat ins Freie abgeleitet. Wenn die Büchse im Empfangsapparat ankommt, wird durch das Öffnen der Lufthähne auch die verdichtete Luft über die Öffnungsrohre entlassen. Beim Versand mit Saugluft, d.h. verdünnter Luft, wird dem Rohrsystem die Luft entzogen und ein Vakuum hergestellt. Die Sendestation wird wieder luftdicht verschlossen und Luft eingeführt, damit die Kammer geöffnet und die Büchse hineingelegt werden kann. Die Büchse fällt in das Laufrohr und durch dahinter hineinströmende atmosphärische Luft wird die Büchse zur Empfangsstation »gesaugt«.
Zitiervorschlag
Kammerapparat der Berliner Stadtrohrpost im Postamt W 66, ab 1912; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 3.0.1526,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/d6667bb1-1fc7-459d-905c-28f4d8814b27 (zuletzt aktualisiert: 26.11.2024)