1935 wurde Konrad Klaphek in Düsseldorf geboren. Er studierte von 1954 bis 1958 an der Kunstakademie seiner Heimatstadt. 1979 wurde er an der Kunstakademie Düsseldorf auf eine Professur berufen. Der inzwischen emeritierte Professor lebt und arbeitet in Düsseldorf.
Ein Telefonhörer führt in den Bildraum hinein und verlängert die Verbindung durch das Kabel in undefinierbare Tiefe. In Verbindung mit dem monochromen gelb-grünen Hintergrunds drückt sich ein Gefühl der Verlorenheit aus. Die Tiefe des Bildraums verdeutlicht das in einem blau umrandeten tunnelähnlichen Eingang mündende Telefonkabel. Hörer und Tunnelöffnung sollten durch die geringelte Schnur möglichst spannungsreich verbunden werden. Dies erzielte Konrad Klapheck, der selbst eine Deutung für das Bild lieferte, durch die Farbigkeit: »Der leichte Grünanteil im gelben Hintergrund gab mir endlich wieder die Gelegenheit, ein sattes Rot einzusetzen«, und zwar für das verbindende Bildelement der Kabelschnur. Der Hörer ist in seiner hilflosen Rückenlage mit einem neugeborenen Kind zu vergleichen, die Schnur insofern doppeldeutig, als sie feierliche Bekränzung und Nabelschnur zugleich darstellt. Der Titel spielt mit den verschiedenen Bezügen zur Realität, dem objektbezogenen, funktionalen und dem subjektiv beschreibenden, der im Einklang mit der formalen Darstellung die menschlichen Züge und Eigenschaften des Motivs betont. In ähnlicher Perspektive und Komposition, aber mit anderen emotionalen Eigenschaften inszenierte Klaphek das Motiv des Telefons auch in den Gemälden »Das verfehlte Rendezvous«, 1965, »Stimme des Gewissens«, 1965, »Statthalter« von 1975 und später »Le dauphin« von 1992. Ähnlich ist hier auch das Verhältnis von den gleichsam autonomen Vorzeichnungen und Gemälden. Zu seinen Telefonmotiven äußerte Klapheck 1965, das Telefon sei Sprachrohr vieler Mahnungen, Warnungen und Drohungen und lasse daher auch »die Stimme des Gewissens und die Befehle unbekannter Mächte vernehmen«. Klapheck beschwört in seinen Telefonbildern mit Hilfe der Psychologie menschliche Schwächen, Zustände und Wesenszüge in formaler Metamorphose. Das Gemälde »Der Auserwählte (l' Élu)« entstand in einer Zeit, in der sich Klaphecks Stil bereits etabliert hatte.
Klapheck beschritt in Opposition zu den damals an der Düsseldorfer Akademie vorherrschenden Kunstströmungen der Lyrischen Abstraktion und des Tachismus mit der Auseinandersetzung mit vordergründig abbildlich erfassten Alltagsdingen wie der Schreibmaschine und dem Telefon in den fünfziger Jahren einen neuen Weg. Seine »Schreibmaschine« von 1955 markierte den Anfang dieser Entwicklung. 1961 war Klapheck in Paris und hatte persönlichen Kontakt zu dem Kreis um André Breton. In seinen Werken knüpft er an Grundsätze an, die bereits die Surrealisten formuliert hatten. Seine Ängste und Wünsche überträgt der Künstler auf seine Motive, die er nach einem Themenkatalog von zehn realen Hauptgegenständen auswählt. Es entsteht ein Vokabular bildnerischer Grammatik, das nach eigener Einschätzung seine Bildgegenstände in formaler Synthese vereint. In Motiven, zu denen das Telefon, vertreten in Druckgrafik, Malerei und Zeichnung, gehört, sieht Klapheck fetischhafte Wesen, die sich im Objekt verbergen, und setzt sie mit menschlichen Verhaltensweisen und Emotionen gleich. Angeregt durch die Form, verleiht er ihnen männliche oder weibliche Eigenschaften. Gegenstände des Alltags erhalten durch ungewöhnliche Zusammenstellungen und Überhöhung ins Real-Magische die Eigenschaften menschlicher Akteure.
Seine Aussage »Ich ziehe über meine Leidenschaften eine Schicht von Eis, um ihnen größere Dauer zu verleihen« findet sich in der kühlen Glätte und Plastizität seiner Motive wieder, die – monumentalisiert – oft aus einer Perspektive oberhalb des Betrachters gezeigt werden. In monumentaler Inszenierung isoliert er Motive im Bildraum, um ihre Eigenschaften auf diese Weise zu verstärken. Die Museumsstiftung Post und Telekommunikation besitzt eine zeitgleich zum Gemälde entstandene Farblithografie (Inv.-Nr. 4.2000.692). Im Besitz der Museumsstiftung Post und Telekommunikation befindet sich auch die das Gemälde vorbereitende Zeichnung (Inv.-Nr. 4.0.14184).
Zitiervorschlag
Gemälde "L' Élu / Der Erwählte", 1981; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 4.0.824,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/cb4c39e1-7847-4de1-a206-cd1a6401dfcc (zuletzt aktualisiert: 26.11.2024)