Der Porträt-, Militär- und Genremaler wurde 1809 in Glogau geboren und starb 1885 in Berlin. Er war ein Schüler Johann Heinrich Kretschmars an der Berliner Kunstakademie.
Jakob Munk schildert eine bewegte Reiseszene an einer Bahnstation in einer Fülle von Einzelszenen, die nahezu lehrhaft die Umstände des Reisens nur drei Jahre nach Eröffnung der Berlin-Anhaltischen Eisenbahn im Jahre 1841 charakterisieren. Einzelheiten wie Gebäude, Gelände und Landschaft weisen darauf hin, dass es sich um den alten Bahnhof von Wittenberg handelt, der sich - anders als heute - auf der anderen Seite der Stadt Richtung Coswig befand. Dies passt zur Darstellung der Elbe im Hintergrund mit den Elbauen und den Hügeln der Dübener Heide am Horizont. Das Bahnhofsgebäude auf dem Gemälde weist große Ähnlichkeiten mit dem alten Wittenberger Bahnhof auf, unterscheidet sich allerdings in Details wie der Zahl der Fensterachsen. Die Fahnen mit den Farben Schwarz-Weiß-Schwarz für Preußen gibt einen zusätzlichen Anhaltspunkt zur Lokalisierung.
Die Darstellung erfasst das bewegte Treiben am Gleis, eingebettet in eine topografisch genaue Schilderung der Umgebung. Kommunikation, Gestik und Aktion der Menschen drehen sich um Tätigkeiten, die mit dem Transport und der Reise zusammenhängen. Am Bahnhof hält ein Zug, aus dem Reisende aus- und einsteigen.
Es ist ein vornehmlich bürgerliches Publikum, das sich hier auf dem Platz versammelt hat. Links strebt ein Wanderer mit Stock und Gepäckstück zu dem haltenden Zug, dahinter folgen ein Mann mit einem geschulterten Sack und zwei Bäuerinnen in Tracht, von denen eine auf ihr Bündel deutet, vielleicht um die Fahrkarten zu suchen. Es sind Marktleute, die mit ihren Warenbündeln vom Markt kommen. Im Zentrum der Komposition und auch durch die Lichtführung hervorgehoben ist eine Szene, in der ein Mann von einem Gendarmen mit einem Schleppsäbel kontrolliert wird. Bereits 1841 wurde im »Bahn-Polizei-Reglement« die Zuständigkeit der Polizeireviere entlang der Gesamteisenbahnstrecke Berlin-Köthen festgeschrieben. Während der Polizist eine Fahndungsliste studiert, zeigt der Mann seinen Ausweis vor. Es wird vermutet, dass diese Figur des jüdischen Reisenden mit schwarzer Kappe ein verstecktes Selbstbildnis des Künstlers ist. Hinter dieser Zweiergruppe strebt ein bürgerlich gekleidetes Paar zum Zug. Rechts davon unterhält sich die Kellnerin vom Imbissstand, die zwei Krüge in der Hand hält, mit dem Fahrkartenkontrolleur, erkennbar an Mütze und umgehängtem Geldbeutel. Am Stand am rechten Bildrand, vor dem sich mehrere Herren in letzter Minute vor der Abreise stärken, werden Erfrischungen angeboten und im Vordergrund sind Figurengruppen in reisetypischen Tätigkeiten und Verhaltensweisen dargestellt. Die Verbindung von Post und Eisenbahn wird in nahezu lehrhafter Form am rechten Bildrand wieder aufgegriffen. Ein preußischer Postillion mit roter Armbinde und schwarzem Adler gibt einem Gepäckträger der Berlin-Anhaltischen-Eisenbahn, erkennbar an den Initialen B. A. E. auf der roten Mützenborte, Anweisung, eine Spanschachtel zusammen mit den anderen Gepäckstücken zum Zug zu bringen. Die Dampflokomotive mit goldenem Kessel wurde mit dem von dem Maschinenbauer August Borsig hergestellten Typ identifiziert.
Neben dem Empfangsgebäude mit Gast- und Wirtschaftsräumen befanden sich auf dem Wittenberger Eisenbahngelände weitere Gebäude und Anlagen: ein Saal am westlichen Giebel des Empfangsgebäudes, Gartensalon, Kegelbahn, Wagenremise, Pferdestall und Gewächshaus. Sie lassen sich auf dem Bild nicht genau lokalisieren; dem Maler ging es auch nicht darum, die Station präzise abzubilden, sondern die Stimmung wiederzugeben. Alle figürlichen Motive fügen sich in einen erzählerischen Kontext, der die Kultur des Reisens in verschiedenen Facetten charakterisiert. Obwohl eine bewegte Szene geschildert wird, dominieren die geschlossene Wiedergabe von Einzelfiguren innerhalb der figürlichen Szene sowie die kompositionelle Vereinzelung der Figurengruppen und verleihen der Darstellung dadurch eine gewisse Statik.
Erworben vom Reichspostmuseum am 18.02.1908 von Emil Altmann in Berlin für 85 Mark.
Zitiervorschlag
Gemälde "Station auf der Berlin-Anhalter Eisenbahn", 1844; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 4.0.920,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/ba174251-eb56-4607-9761-08e9140338f4 (zuletzt aktualisiert: 13.0.2025)