
Feldpostbrief von Oberstleutnant Werner Grabolle aus Afghanistan an seine Ehefrau Ingeborg
Datierung
01.07.2004
Absender
Werner Grabolle
Geografischer Bezug
Deutschland
Verwendungsort
Camp Warehouse, Kabul, Afghanistan
Material
Papier
Farbe
zweifarbig
Technik
Maschinenschriftlich; Handschriftlich
Blattmaß (b x h)
210 x 297 mm (ausgefaltet)
Systematik
Philatelie/Briefe/Briefe
Vermerke
Autograph
Inhalt
Brief
Transkription
"Kabul Camp Warhouse, den 01.07.04
Meine liebe Inge,
ich weiß noch nicht wie lange der Brief mit der Post gehen wird. Deshalb möchte ich Dir
jetzt schon alles Gute zum Geburtstag wünschen. Ich werde ganz viel an Dich denken
(obwohl ich sowieso auch sonst immer an Dich denken muß). Feiert schön.
Ich habe Dir ein paar Bilder beigelegt. Wenn ich mich eingearbeitet habe, werde ich
werde ich sicherlich mehr Zeit haben und dann will ich Dir öfter schreiben.
Die ganzen Eindrücke müssen sich erst 'setzen'. Zur Zeit bin ich doch noch ein bisschen
nervös, weil ich noch nicht weis, was mich noch alles erwartet. Ich hoffe, das ich die
Anforderungen bewältigen kann.
Der Tagesablauf und alles drum und dran ist zur Zeit nicht einfach für mich, aber ich
glaube, dass es vielen so gehen wird. Es ist ja auch erst eine Woche um.
Die Abende sind total blöd. Jetzt merke ich besonders, wie schön es mit Dir ist. Aber ich
will nicht jammern, die Zeit wird vorbeigehen.
Die Hitze wird immer größer. Der ewige Staub und die graue Umgebung wirken nicht
aufmunternd. Heute war ich in den Bergdörfern und bei den Nomaden. Es sind liebe
Menschen die gerne ihr Leben in Ruhe mit der Natur und Allah verbringen wollen. Ich
hatte unseren Sprachmittler mit und wir haben lange Gespräche mit den Männern
geführt. Es hat mich alles sehr traurig gestimmt, weil diese einfachen Menschen nicht in
Ruhe gelassen werden. Sie sind glücklich mit ihren für uns entbehrungsreichen Leben.
Sie können nicht lesen und schreiben, es gibt kein Datum nur Tage. So arm und doch
so gastfreundlich. Mir war schlecht in den Behausungen, aber ein Glas Tee und etwas
Fladenbrot habe ich mir runtergezwungen. Für uns alles unmöglich wie im Mittelalter,
als ob die Zeit Jahrhunderte stehen geblieben ist. Aber sie sind so glücklich. Überall liegen
Munition und es stehen Panzer und Fahrzeuge aus dem 25 Jahre dauernden Krieg
herum. Es ist grauenhaft. Man muss schon starke Nerven haben. Die Taliban und andere
Banden geben keine Ruhe. Sie pressen die Menschen ihr bisschen Hab und Gut ab und
schlachten die Menschen wie Tiere ab. Jeden Tag sind Vorfälle und man muss wirklich
aufpassen, dass man nicht zu spät aus den Bergen ist. Ich habe schon viele Bilder
gemacht, um das zu zeigen was man nicht beschreiben und sich nicht vorstellen kann. Es
ist alles so gewaltig schön und doch so erdrückend. Kein Land indem wir leben könnten.
Aber man muss die Gedanken verdrängen und das Elend nicht zu sehr an sein Herz
lassen. So mein Liebling, vielleicht freust Du Dich über die Bilder. Bestelle allen Grüße.
Ich drücke Dich ganz doll und ich habe Dich ganz doll lieb.
Du hast es ja auch nicht so einfach und bist stark.
Viele Küsse
Dein Werner + Ehemann!"
Meine liebe Inge,
ich weiß noch nicht wie lange der Brief mit der Post gehen wird. Deshalb möchte ich Dir
jetzt schon alles Gute zum Geburtstag wünschen. Ich werde ganz viel an Dich denken
(obwohl ich sowieso auch sonst immer an Dich denken muß). Feiert schön.
Ich habe Dir ein paar Bilder beigelegt. Wenn ich mich eingearbeitet habe, werde ich
werde ich sicherlich mehr Zeit haben und dann will ich Dir öfter schreiben.
Die ganzen Eindrücke müssen sich erst 'setzen'. Zur Zeit bin ich doch noch ein bisschen
nervös, weil ich noch nicht weis, was mich noch alles erwartet. Ich hoffe, das ich die
Anforderungen bewältigen kann.
Der Tagesablauf und alles drum und dran ist zur Zeit nicht einfach für mich, aber ich
glaube, dass es vielen so gehen wird. Es ist ja auch erst eine Woche um.
Die Abende sind total blöd. Jetzt merke ich besonders, wie schön es mit Dir ist. Aber ich
will nicht jammern, die Zeit wird vorbeigehen.
Die Hitze wird immer größer. Der ewige Staub und die graue Umgebung wirken nicht
aufmunternd. Heute war ich in den Bergdörfern und bei den Nomaden. Es sind liebe
Menschen die gerne ihr Leben in Ruhe mit der Natur und Allah verbringen wollen. Ich
hatte unseren Sprachmittler mit und wir haben lange Gespräche mit den Männern
geführt. Es hat mich alles sehr traurig gestimmt, weil diese einfachen Menschen nicht in
Ruhe gelassen werden. Sie sind glücklich mit ihren für uns entbehrungsreichen Leben.
Sie können nicht lesen und schreiben, es gibt kein Datum nur Tage. So arm und doch
so gastfreundlich. Mir war schlecht in den Behausungen, aber ein Glas Tee und etwas
Fladenbrot habe ich mir runtergezwungen. Für uns alles unmöglich wie im Mittelalter,
als ob die Zeit Jahrhunderte stehen geblieben ist. Aber sie sind so glücklich. Überall liegen
Munition und es stehen Panzer und Fahrzeuge aus dem 25 Jahre dauernden Krieg
herum. Es ist grauenhaft. Man muss schon starke Nerven haben. Die Taliban und andere
Banden geben keine Ruhe. Sie pressen die Menschen ihr bisschen Hab und Gut ab und
schlachten die Menschen wie Tiere ab. Jeden Tag sind Vorfälle und man muss wirklich
aufpassen, dass man nicht zu spät aus den Bergen ist. Ich habe schon viele Bilder
gemacht, um das zu zeigen was man nicht beschreiben und sich nicht vorstellen kann. Es
ist alles so gewaltig schön und doch so erdrückend. Kein Land indem wir leben könnten.
Aber man muss die Gedanken verdrängen und das Elend nicht zu sehr an sein Herz
lassen. So mein Liebling, vielleicht freust Du Dich über die Bilder. Bestelle allen Grüße.
Ich drücke Dich ganz doll und ich habe Dich ganz doll lieb.
Du hast es ja auch nicht so einfach und bist stark.
Viele Küsse
Dein Werner + Ehemann!"
Objektart
Original
Inventar-Nr.
3.2014.511
Schlagworte
Feldpost
"Als Oberstleutnant Werner Grabolle diesen Brief schrieb, hatte seine Zeit in Kabul gerade erst angefangen. Der Spezialist für Kampfmittelbeseitigung und Kampfmittelbedrohung hatte zuvor im Logistikamt der Bundeswehr in St. Augustin bei Bonn gearbeitet und sich unter anderem darum gekümmert, die Voraussetzungen für eine sichere Lagerung von Munition und Waffen bei Auslandseinsätzen zu schaffen. Im Juni 2004 war er nach Afghanistan aufgebrochen, nicht als Teil einer deutschen Truppe, sondern einzeln entsandt als Verantwortlicher für Kampfmittelbeseitigung und Kampfmittelbedrohung. Er war Teil der Multinationalen Brigade Kabul (KMNB) in der Militärbasis Camp Warehouse, der Soldaten aus mehr als 20 Nationen angehörten. ... " (Karasek, Briefe bewegen die Welt, Band 6: Feldpost, S.162)
Zitiervorschlag
Feldpostbrief von Oberstleutnant Werner Grabolle aus Afghanistan an seine Ehefrau Ingeborg, 01.07.2004; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 3.2014.511,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/b715ee72-ea04-4012-865d-8e511bd9ab4c (zuletzt aktualisiert: 14.9.2025)