Erfinder
Pawel Lwowitsch Schilling von Cannstadt (1768 - 1837)
Modellbauer
Adolf Seemayer Physikalischer und elektrotechnischer Apparatebau
Nachdem Oersted 1820 die Ablenkung einer Kompassnadel durch den elektrischen Strom beobachtet hatte, schlug Ampère noch im gleichen Jahr vor, einen Telegrafen mit je einer Kompassnadel für jeden Buchstaben des Alphabetes und ebenso vielen Leitungen zu bauen.
Der russische Diplomat Baron Schilling von Canstatt baute 1828 einen Zeigertelegraphen, der aus einer stromführenden Spule (Schweigger'scher Multiplikator bzw. Galvanometer) mit einer astatischen Magnetnadel und einer schwarz-weißen Zeichenscheibe bestand, die vertikal über der Nadel angebracht war und je nach 90°-Ausschlag der Nadel nach links oder rechts entweder die weiße oder schwarze Seite der Scheibe zeigte. So ließen sich die Ausschläge der Nadel mit dem bloßen Auge eindeutig ablesen. Der Abfolge des Farbwechsels war ein Buchstabencode zugeordnet: »A" war schwarz, weiß; "B" schwarz, schwarz, schwarz; "C" schwarz, weiß, weiß usw. Durch die Verwendung dieser binären Kodierung kam Schillings Entwurf mit zwei Leitungen aus und reduzierte die Anzahl der Drähte im Vergleich zu den anderen Systemen erheblich.
Nachteilig war der komplizierte und uneinheitliche Code aus einer unterschiedlichen Anzahl von ein bis fünf aufeinanderfolgenden Signalen, die man vollständig aufzeichnen musste, um die Decodierung zuverlässig durch führen zu können.
Daher entwickelte Schilling 1832 diesen Nadeltelegrafen mit sechs Galvanometer-Nadeln, bei dem jeder Buchstabe des Alphabets mit einem, zwei oder maximal drei Signalen dargestellt werden konnte. Der Sender bestand aus sechzehn klavierähnlichen Tasten, wobei je eine schwarzen und eine weiße Taste ein Paar bilden. Jede Taste schließt bei Betätigung den Stromkreis einer Batterie, wobei der Minuspol mit den Kontakten aller schwarzen Tasten und der Pluspol mit den Kontakten aller weißen Tasten verbunden war.
Der Empfänger bestand aus sechs Galvanometern mit astatischen Magnetnadeln, die wie Schillings Ein-Nadel-Telegrafen von 1828 schwarz-weiße Pappscheiben trugen. Durch Druck auf die schwarze oder weiße Taste wurde ein Strom in die ein oder andere Richtung gesendet und die Pappscheibe in der jeweiligen Farbe drehte sich nach vorne.
Die Stationen waren durch acht Drähte miteinander verbunden, von denen sechs die Tasten mit den Galvanometern verbanden, eine Leitung diente als Rückleiter und die achte Leitung diente zur Auslösung eines Uhrwerks mit einer Glocke, mit der eine Nachricht angekündigt wurde. Das weltweit erste Läutwerk (Wecker) bestand aus einem Uhrwerk und einem Galvanometer, dessen Magnetnadel mit einem Hebel verbunden war, der die Hemmung des Uhrwerks mit einer Glocke auslöste.
Schillig demonstrierte seinen Telegrafen im Oktober 1832 in St. Petersburg. 1835 fand eine Vorführung seines Nadeltelegrafen in Bonn bei der Jahresversammlung deutscher Naturforscher und Ärzte statt. Dieses Exemplar gelangte nach Heidelberg, wo William Cooke im Frühjahr 1936 an einer Vorführung teilnimmt und die Idee mit nach England nimmt.
Zitiervorschlag
Nadeltelegraf nach von Pawel Lwowitsch Schilling von Cannstadt, ; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 4.2019.125,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/aa0770e7-5c23-4d21-aaa4-740f3b07cf51 (zuletzt aktualisiert: 26.11.2024)