Der Maler und Schriftsteller Friedrich Wilhelm Schadow wurde 1788 in Berlin geboren und starb 1862 in Düsseldorf. Er war ein Schüler von Friedrich Georg Weitsch in Berlin. 1811 hielt er sich in Rom auf. Zwei Jahre später trat er in die Lukasbruderschaft der Nazarener ein und konvertierte unter dem Einfluss Overbecks zum Katholizismus. An der Akademie in Berlin lehrte er ab 1819 als Professor. Als Nachfolger Peter von Cornelius wurde Friedrich Wilhelm Schadow 1826 nach Düsseldorf berufen. 1829 gründete er mit Gleichgesinnten den Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, dessen erster Direktor er wurde.
In einem Raum sitzt vor einer olivgrünen Seidentapete, vornehm gekleidet, der Porträtierte Daniel Friedrich Parthey. Seine Uhrkette schmücken goldene Berlocken und er trägt den preußischen Orden Pour le Merité.
Parthey ist als vitaler Mann in der Blüte seiner Jahre dargestellt, der es zu Wohlstand und Ansehen gebracht hat. Während die Rechte locker auf der Lehne ruht, hält er in der Linken einen Brief, liest jedoch nicht darin, sondern blickt freundlich zum Betrachter. Der geöffnete Umschlag mit dem aufgebrochenen Siegel auf dem Tisch weist darauf hin, dass er den Brief gerade erhalten hat und sich zum Lesen hingesetzt hat. Die Erscheinung Partheys wird durch die Betonung des weißen Haupthaars und der ausdrucksstarken Augen positiv hervorgehoben. Dabei bleibt die Räumlichkeit mit dem eng eingefassten Raumausschnitt unbestimmt. Zugleich steigert sich die Präsenz und Nähe des Porträtierten. Typisch für den Stil Schadows ist die kräftige und zugleich harmonische Farbigkeit sowie die Verbindung von feiner physiognomischer Charakterisierung und poetischer Überhöhung, Aspekte, die auch in anderen Bildnissen zum Tragen kommen und Bewunderung hervorriefen.
Der Frühlingsstrauß in der Glasvase unterscheidet sich in der detailbezogenen Malweise von der Gesamtdarstellung. Er unterstützt den frischen Eindruck, der sich durch das rosige Inkarnat und den Kontrast zu den dunklen Tönen, dem dominanten Blau des Fracks und Grün des Hintergrundes ergibt. Die gezeigten Blumen blühen nicht zur selben Zeit, sondern sind – wie in niederländischen Blumenstillleben des 17. Jahrhunderts – fiktiv zusammengestellt. Ihnen kommt im Sinne der christlichen Ikonografie symbolische Bedeutung zu, da sie Tugenden ebenso wie das Werden und Vergehen verkörpern. Hyazinthen stehen für Vergänglichkeit, Rosen für Vollkommenheit und ewige Weisheit, während Maiglöckchen unter anderem Seelenreinheit und Pfingstrosen die Güte des dornenlosen Wesens versinnbildlichen.
Daniel Friedrich Partheys zweite Ehefrau Charlotte Eichmann hatte Schadow unmittelbar nach dem Tod ihres Gatten im April 1822 mit einem posthumen Bildnis beauftragt, das bereits im Juli desselben Jahres fast fertiggestellt war. Damit erfüllte es die Funktion als privates Memorialbild zum Gedächtnis des Verstorbenen.
Daniel Friedrich Parthey (1745-1822) gehörte seit 1795 zu dem Kreis um den gesellschaftlich regen Berliner Buchhändler Friedrich Nicolai, wo er wohl auch Wilhelm von Schadow kennenlernte. Er heiratete 1797 in erster Ehe dessen Tochter Wilhelmine. Bis zu seiner Ankunft in Berlin war er in verschiedenen Berufen tätig. Zunächst aus väterlicher Tradition als Leineweber ausgebildet, war er ab 1768 in Leipzig als Notenschreiber und Hauslehrer tätig. In Berlin führte er die Buchhandlung Friedrich Nicolais weiter, war Hofrat und Mitglied des Montags-Clubs. Begabung und Interesse an Musik begleiteten ihn ein Leben lang, im Hause Nicolai galt er als hervorragender Violin-, und Klaviervirtuose. Lili Parthey, die Tochter des Dargestellten aus erster Ehe, äußerte, dass das Bild »unaussprechlich schön und ähnlich« sei und sie »Schadow dafür nicht genug danken könne«.
Der Brief in der Hand des Dargestellten stammt vermutlich von Herzogin Dorothea von Kurland, geb. Gräfin von Medem (1761-1821). Sie war Partheys ehemalige Schülerin, die er 1774 als Hauslehrer und Erzieher im Hause des Reichsgrafen, von Medem in Mitau an, heute Jelgava in Lettland, kennengelernt hatte. Mit der Familie verband Parthey auch nach dessen Weggang aus Mitau ein lebenslanger enger Briefkontakt, der seine Stellung als Erzieher einerseits und väterlicher Freund andererseits festigte.
Die Tatsache, dass auch die Absenderin zur Entstehungszeit des Bildes bereits seit einem Jahr verstorben war, verdeutlicht die enge Verbindung zwischen Senderin und Empfänger. Die Zeilen von Dorotheas Brief sind leserlich und sprechen für eine private, persönliche Beziehung, die von Angehörigen und Freunden gelesen werden konnte.: »…Handlungen leiten, so ist es anjetzt nur, dass ich es noch mehr zu würdigen meine, und das Streben nach dem Bessern mir größeres Bedürfnis ist, in dem Maaße der erlangten Erkenntnis des Guten. – Nun leben Sie wohl alter Freund – seien Sie immer meine Stütze, mein Rathgeber – ewig bin ich Ihre dankbare Dorothea.«
Zitiervorschlag
Porträt von Daniel Friedrich Parthey, 1822; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 4.0.6786,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/968ac092-128f-43fd-b33d-55d93e074c1c (zuletzt aktualisiert: 26.11.2024)