Herstellungsort
Braunschweig, Niedersachsen, Deutschland
Verwendungsort
Frankfurt am Main, Hessen, Deutschland
Der Künstler wurde 1955 in Zürich geboren. Er besuchte 1977/78 die Schule für Gestaltung in Basel, 1979 studierte er am Royal College of Art in London und von 1980 bis 1983 an der Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf bei Fritz Schwegler. Von 1992 bis 1999 hatte er eine Professur an der Kunstakademie in Braunschweig inne. Derzeit lebt und arbeitet Thomas Huber in Berlin.
Der aus zehn Gemälden bestehende Zyklus »Die Post« entstand als Wettbewerbsentwurf für die Chefetage der neu errichteten Oberpostdirektion in Frankfurt am Main.
Im Sinne einer Bilderzählung vermittelt Thomas Huber auf surreale Weise den Weg seiner Werke von der Idee über das Versenden vom Atelier in den Ausstellungsraum. Zu den einzelnen Werken verfasste Thomas Huber einen poetischen Vorspann und Kommentare und gab den ganzen Zyklus in Buchform heraus. Die Bilder beschreiben oft den Zustand vor der jeweils im Text benannten Aktion. Die Gemälde nehmen auch formal unmittelbar mit bildübergreifenden Zuordnungen aufeinander Bezug. Der zehnteilige Zyklus beginnt mit der Darstellung von aufgeklappter Kartonage in einem ansonsten leeren Raum, der sich wie eine Guckkastenbühne nach vorne öffnet: »Im Arbeitsraum des Künstlers stehen Kartons bereit, sieben an der Zahl. Sie sind noch aufgeschlagen. Der Künstler wird darin seine Bilder versenden.« In einem nächsten Schritt sind die Kartons gefaltet. Sie schweben vor schwarzem Hintergrund, der durch die Diagonalstellung und Anordnung der unterschiedlichen Kartons räumliche Dimensionen erhält: »Die Kartons werden zweckgemäß zu Kisten, zu Kuben unterschiedlicher Höhe, Länge und Breite gefaltet: Der Künstler setzt das Maß für seine Bildräume.« Im nächsten Schritt stehen die ungewöhnlich dimensionierten Kartons wieder im bühnenhaften »Arbeitsraum«. Drei seltsam gesichtslose Figuren, ein Mann, eine Frau und ein Kind, stehen zwischen ihnen wie in einem Park von Skulpturen, der sie größenmäßig überragt, und sind damit befasst, die Kartons mit Flüssigkeiten (Inhalten) zu füllen. Im übertragenen Sinne werden so die Inhalte der Bilder sichtbar gemacht: »Mit Hilfe seiner Familie schöpft der Künstler seine Bilder, füllt sie in die unterschiedlichen Kartons. Er gießt die Bilder in die Kisten, bis ihr klarer Spiegel die vorgestellte Höhe im Karton erreicht hat. Er macht seine Bilder sichtbar.« Frei vor hellem Hintergrund angeordnet stehen eine Flasche, eine Schale und eine Vase um einen geöffneten Karton. Drei Pfeile deuten dessen Inneres: »Die Bildsubstanzen werden nach Maßgabe des Künstlers in genau festgesetztem Verhältnis untereinander in die Behältnisse eingefüllt. Rot wie die Rose, weiß wie die Lilie und Merkur aus der Flasche, ein winziger Anteil, um dem Bild das Leben einzuhauchen. Das ist die Kunst des Schöpfens. Einmal sind die Bilder tief, tief im Sinn oder weit und groß, hoch wie eine Gestalt oder lang für eine Geschichte. Jedes durchmisst einen eigenen Bildraum. Dem entsprechend verlangt jedes Bild ein anderes Verhältnis der geschöpften Teile.«
Packpapier ist vor monochromem Hintergrund wie auf dem Fußboden ordentlich entfaltet angeordnet. Die Materialität der unterschiedlichen Faltungen und Größen und deren Zusammenspiel besitzen einen besonderen Reiz: »Sind die Bilder vollendet, werden die Kartons geschlossen und mit Packpapier zu ihrem Schutz eingewickelt. Die Falten im Papier sind wie eine Zeichnung. Sie zeichnen die Maße der Bildräume nach.«
Vor schwarzem Hintergrund sind sechs Paketkordeln parallel über die Bildfläche verteilt, unten beginnend mit den beiden längsten Stücken. Die Schnüre sind Zeichen für die folgende Aktion: »Der Künstler verschnürt seine Bilder«.
Sechs verschnürte Pakete schweben in derselben Anordnung der Kartons wie im zweiten Bild vor monochromem Hintergrund: »Jetzt sind die Bilder verpackt und können auf der Reise zu ihrem Bestimmungsort keinen Schaden nehmen.« Pflichtgemäß ist ein Bild der Frankierung gewidmet. Sechs Briefmarken mit verschiedenen Zahlen und in unterschiedlichen Farben lassen sich den Paketen zuordnen, die auf dem vorangegangenen Bild zu sehen sind: »Entsprechend dem Gehalt eines jeden Bildes, gemäß seiner Bedeutung wird das Paket mit der erforderlichen Briefmarke versehen.« Dem versandfertigen Paket ist jeweils ein Tier als symbolträchtiger Bote zugeordnet. Darunter befinden sich die in der christlichen Ikonografie, aus Altem und Neuem Testament bekannten Tiere wie Schlange, Löwe und Lamm: »Das Pferd, die Kuh, der Rabe, die Schlange, der Löwe und das Lamm sind als Boten auserwählt. Sie bringen das ihnen zugeteilte Bild an den dafür vorgesehenen Ort.« Im letzten Bild stehen die geöffneten Kartons wieder im bühnenhaften Raum. Aus den Flüssigkeiten steigen weiße Banderolen in den Raum auf, die formal an Schriftbänder erinnern: »Beim Empfänger, am Ausstellungsort werden die Bilder ausgepackt und übersichtlich im Raum ausgerichtet. Im Spiegel ihrer Oberfläche werden wir sie für wahr nehmen.«
Zum Gemäldezyklus existieren vier Entwürfe in Collageform, die der Künstler 2003 der Museumsstiftung schenkte. Die übrigen Bilder des Zyklus finden sich unter den Inventarnummern 4.0.856.0-10
Zitiervorschlag
Gemälde "Ohne Titel" / Teil des zehnteiligen Bilderzyklus 'Die Post' (Allein der Künstler ist euer Bote)", 1989; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 4.0.865.4,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/926bb78d-16fb-455c-a6da-fd6d11dedcb6 (zuletzt aktualisiert: 26.11.2024)