Heinrich Bürkel wurde 1802 in Pirmasens in der Pfalz geboren und starb 1869 in München. Zunächst absolvierte er 1815/20 eine Lehre als Gerichtsschreiber in Pirmasens. Seine künstlerischen Fertigkeiten entwickelte er autodidaktisch. 1822 ging er nach München, doch seine Bewerbung für ein Studium an der Münchener Akademie scheiterte. 1825 beteiligte er sich an Ausstellungen des Münchener Kunstvereins. 1830-32 lebte er in Italien. Er kopierte niederländische Meister wie Wouwerman, Ruisdal, Wynants, Brouwer und Ostade. 1858 wurde Heinrich Bürkel Ehrenmitglied der Münchener Akademie. Der Künstler war mit Carl Spitzweg und Adalbert Stifter befreundet.
Heinrich Bürkels humoristische Darstellung zeigt das Aufeinanderprallen zweier Kulturen und Gesellschaftsschichten. An einer Haltestelle für den Postreiseverkehr in den Sümpfen südlich von Rom hat eine Kutsche zum Pferdewechsel angehalten.
Dass es sich bei dem heruntergekommenen Gebäude um eine Poststation handelt, ist an dem aufgehängten Posthorn und einem Fahrplan an der Hauswand erkennbar. Ein spitzbogiger Durchlass führt vermutlich in den Pferdestall. Während zwei Postbedienstete die beiden Pferde losschirren, greift der Postillion missmutig in seine Ledertasche, vermutlich um den von links herankommenden Bettlern Kleingeld zuzuwerfen. Ein vornehmes Paar im hinteren Teil der Postchaise versucht angestrengt, von dem Treiben keine Notiz zu nehmen. Während der Mann in einem Buch liest, schließt seine Gattin die Augen. Im Vordergrund füllt ein Mann am Brunnen Wasser in einen Bottich, während ein Ferkel und Hühner nach Essbarem suchen.
Die Pontinischen Sümpfe waren Station auf der Bildungsreise zu den hellenistischen Denkmälern in den großgriechischen Gebieten Süditaliens
Kompositionell und in der Farbgebung schulte sich Bürkel, der zwei Jahre in Rom und in Neapel gelebt hatte, wie andere zeitgenössische Künstler der Münchener Malerschule an niederländischen Genremalern des 17. Jahrhunderts. Der niedrige Horizont, der weite Himmel, die über die Bildgrenzen hinausgehende Darstellung und die Diagonalkomposition kehren auch in anderen Werken Bürkels wieder und verweisen auf seine Orientierung an dem großen Vorbild Philips Wouwerman, den er häufig kopierte. Trotz aller Feinheit ist hier schon eine lockere Malweise spürbar. Hauptthemen Heinrich Bürkels sind humoristische Genreszenen mit sittenbildlicher Staffage, bevorzugt aus dem alpenländischen oder italienischen Raum. Sein Stil ist typisch für die Malerei der Biedermeierzeit und war bei einer bürgerlichen Käuferschicht sehr beliebt. Wegen der hohen Nachfrage malte Bürkel viel und wiederholte bewährte Kompositionen. Auch müssen die Darstellungen nicht den örtlichen Gegebenheiten entsprechen, sondern sind künstlerisch frei ergänzt. Reiseszenen und Postkutschen gehören ebenso wie Festszenen zu den beliebten, wiederkehrenden Motiven, die Bürkel in seinen Werken verarbeitet hatte.
Zitiervorschlag
Gemälde "Poststation in den Pontinischen Sümpfen", um 1863; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 4.0.907,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/8d10143c-ee74-4ea5-b117-ddc29f6cce3a (zuletzt aktualisiert: 26.11.2024)