Verkleinerte Kopie eines Originals von Giovanni da Bologna (Jean de Boulogne).
Giovanni da Bologna (geb. 1529, in Douai, gest. 13. August 1608 in Florenz), eigentlich Jean de Boulogne, genannt Giambologna, war ein flämischer, hauptsächlich in Italien tätiger Bildhauer der Florentiner Schule und Hauptvertreter des Manierismus an der Schwelle zwischen Renaissance und frühem Barock. Seine Kunst stellt eine Verschmelzung aus flämischen, antiken und von Michelangelo bestimmten Einflüssen dar. Neben großen Bronze- und Marmorskulpturen bilden die Statuetten einen wesentlichen Bestandteil seines Œuvres, das europaweit nachgefragt, aber vorwiegend für den italienischen Adel, insbesondere die Medici, gefertigt wurde.
Die Merkurstatue gehört zu Giambolognas berühmtesten Werken. Von seiner Hand existierten vier Fassungen, die in unbekannter Reihenfolge entstanden. Die erste Fassung, eine schwere, flügellose Figur, wird als Modell in Bologna verwahrt. Die zweite Fassung, ein fliegender Merkur, ist nur durch eine Erwähnung Bolognas in Florenz überliefert und gilt als verschollen. Die dritte, Wiener Fassung entstand als Geschenk von Cosimo Medici an Kaiser Maximilian II anlässlich der Verhandlungen zur Vermählung von Maximilians Schwester Giovanna mit Francesco de Medici (heute Kunsthistorisches Museum Wien). Der Götterbote war Maximilians Schutzgott, und die Pose einer Maximilian-Medaille von Leone Leoni (1551) nachempfunden. Die vierte Version, der fliegende Merkur entstand 1580 als Brunnenfigur für die Villa Medici in Rom (heute Museo Bargello in Florenz).
Merkur balanciert auf einer Luftsäule aus dem Mund Zephirs. Der Bronzeschaft war vom Wasser umflossen, was den Eindruck erweckte, als glitte Merkur dahin. Der Gott beschreibt eine Arabeske und blickt zu Jupiter auf. Die Skulptur ist manieristisch insofern, als sie von allen Seiten betrachtet werden kann, elegant und überlängt ist - doch kontrastieret dies mit einer erstaunlichen Körpertreue und raffinierten Gewichtung der Balance. Giambolognas Arbeit entstand während der Zeit des Paragone, einer Auseinandersetzung unter Künstlern und Kunstkennern über den Vorrang von Malerei und Plastik. Der Bildhauer Benvenuto Cellini behauptete 1546 in einem Brief die Vorrangstellung der Plastik, die er mit der vielfachen, von allen Seiten sichtbaren Perspektive begründet.
Bei dieser Bronzekopie handelt es sich vermutlich um jene Bronzefigur, die im Erwerbsbuch des Reichspostmuseums unter Nr. 215 "Bronzenachbildung des Merkur von Jean Boulogne" als Schenkung des Postrats Tybusch in Berlin eingetragen ist (24. Oktober 1878).
Abgesehen von der Haltung des Zeigefingers entspricht diese Kopie am ehesten der Fassung im Museo Bargello in Florenz. Die im Louvre in Paris befindliche Fassung hat ihren Blick stärker nach oben gerichtet und einen deutlich kürzeren Stab. Dies ist bei der Wiener Fassung noch ausgeprägter, hier fehlt der Stab ganz.
Wann diese Bronzeplastik tatsächlich hergestellt wurde, ist unklar; am Objekt wurden bislang keine Hinweise auf Hersteller/Werkstatt gefunden. Die Skulptur war jedoch außerordentlich beliebt und es sind zahlreiche Kopien überliefert.
Zitiervorschlag
Plastik "Hermes/Merkur" nach Giovanni da Bologna, ; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 4.0.1893,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/87550b4d-cd35-4dae-bfef-3c227ec8edb5 (zuletzt aktualisiert: 26.11.2024)