Carl Spitzweg wurde 1808 in München geboren. Von 1825 bis 1828 absolvierte er eine Apothekerlehre in München, an die er von 1930 bis 1832 ein Studium der Pharmazie, Botanik und Chemie anschloss. Nach einer Erkrankung wendete sich der Autodidakt der Malerei zu, die von Eduard Schleich und Christian Morgenstern beeinflusst war. 1885 starb Carl Spitzweg in seiner Geburtsstadt. Er gilt als Meister der vorimpressionistischen »Fleckenmalerei« in Deutschland.
Die Themen des Reisens und Wanderns, der Postkutschen und Eisenbahnen bilden eine große Gruppe im Werk Carl Spitzwegs. Das Gemälde »Ankunft der Postkutsche« ist ein Beispiel dafür, wie das Thema der Postkutsche mit emotionalen Inhalten verknüpft wird:
In der engen Gasse eines alten Städtchens ist soeben der Postwagen mit Reisenden angekommen. Er hält vor der durch das Posthorn gekennzeichneten Poststation. Diese ist zugleich Wirtshaus, wie die Fässer am Eingang belegen. Die enge Gasse des mittelalterlichen Städtchens mit den erkergeschmückten Häusern und der gotischen Kirche im Hintergrund ist ganz vom Abendlicht erfüllt. Im Vordergrund rechts steht eine junge Frau auf dem Treppenabsatz vor einem Haus und blickt einem soeben aus dem Wagen steigenden Reisenden entgegen, der zum Gruß den Hut hebt. Mit der einen Hand hält sie das Spinnrad, mit der anderen deutet sie nach hinten. Durch die Diagonalkomposition und gezielte Lichtdramaturgie baut Spitzweg Spannung auf. Die Gestalt der Frau ist durch ihre Größe, die Strahlen des Abendlichts und den Schlagschatten hervorgehoben, der ihr offenbar bekannte Reisende durch wenige Lichtreflexe auf der Stirn und am Kragen. Neben der Kutsche steht der Postillion, erkennbar an seinem hohen Hut, auf dem das Sonnenlicht reflektiert. Die übrigen Personen, der Wirt, der sich um die Kutschpferde kümmert, ein älteres Paar, das aus dem Wagen steigt und ein Mann auf der Treppe des Wirtshauses treten in den Hintergrund.
Die Farbigkeit ist auf eine Palette von Braun- und Ockertönen von fast monochromem Charakter beschränkt und erhält durch die bewusst gesetzten Lichtreflexe eine fast rembrandteske Wirkung, die das Atmosphärische der Szene verstärkt. Die Malweise zeichnet sich durch bewegte, stellenweise flüchtige Pinselzeichnung und einen breiten Pinselstrich aus, etwa bei den Personen der Postkutsche. Anregungen boten Spitzweg Werke von Künstlern wie John Constable und der Schule von Barbizon, die er während einer kurzen Reise nach London und 1951 auf der Kunst- und Industrieausstellung in Paris kennenlernte. Neben Künstlern wie Diaz de la Péna und Adolphe Joseph Thomas Monticelli sind auch tschechische Künstler wie Josef Navratil und August Piepenhagen zu nennen, deren Malweise sich durch gesteigerte Licht- und Farbkraft auszeichnete. Die Neigung zum steilen Hochformat ist für Werke Spitzwegs nach 1851 kennzeichnend. Eine Bleistiftzeichnung der Frauenfigur auf der Treppe befindet sich in Privatbesitz.
Zitiervorschlag
Gemälde "Ankunft des Postwagens", um 1865; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 4.0.906,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/5160dfb7-c090-4353-949e-426a8457df9a (zuletzt aktualisiert: 26.11.2024)