1839 wurde Wilhelm von Diez in Bayreuth geboren, 1907 verstarb er in München. Er studierte 1853 am Polytechnikum, ab 1855 kurzfristig an der Münchener Akademie bei Karl Theodor von Piloty. Anschließend erweiterte er sein Können autodidaktisch. Eine Professur an der Münchener Akademie erhielt er 1872. Er war der Lehrer von Max Slevogt und Wilhelm Trübner.
Mit der »Postkutschenreise« besitzt die Museumsstiftung ein vergleichsweise kleinformatiges Bild von Wilhelm von Diez. Es zeigt eine schwarz-gelbe Kutsche in Berlinenform mit einem bayerischen Wappen auf der Tür unterwegs in einer atmosphärischen Landschaft. Während die Allee diagonal nach vorne auf den Bildrand zuführt, begrenzen ein Baum und ein Meilenstein, der gleichzeitig die Funktion eines Repoussoirmotivs erfüllt, den rechten Bildrand. Das trabende Zweigespann, ein Schimmel und ein Brauner, die peitschenschwingende, derbe Kutscherin im Dirndl, der hornblasende Postillion neben ihr auf dem Kutschbock sowie die Staubwolke, die das Gefährt umgibt, drücken Bewegung und Eile aus. In der Nachmittagssonne werden die Schatten länger. Reisegepäck auf dem Dach der Kutsche deutet darauf hin, dass sich im Inneren eine Reisegesellschaft befindet. Der Meilenstein am Wegesrand verrät, dass die Reise nach München geht und noch zwei Stunden dauern wird.
Wilhelm von Diez gehört zu dem Kreis der Künstler, die im zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts die Münchener Malerschule bildeten. Diese Künstler orientierten sich mit ihren genrehaften Motiven an Werken der niederländischen Genremalerei des 17. Jahrhunderts, die neben der Druckgrafik Albrecht Dürers auch Vorbildcharakter für Wilhelm Diez hatte. Wie in den Gemälden Heinrich Bürkels und Adolf Schmidts ist die in der Münchener Malerschule so beliebte Komposition des Bildausschnittes aufgegriffen. Diez studierte in der Alten Pinakothek nach Werken von David Teniers d. J., Adrien Brouwer und Philip Wouverman, die seine frühen Gemälde stilistisch beeinflussten. Er entwickelte die seit der Jahrhundertmitte in München gepflegte Genremalerei malerisch weiter und verlieh ihr einen realistischen Zug. Bevorzugt kehren Motive aus dem Dreißigjährigen Krieg und volkstümliche Szenen wieder. Das Pferd als Wappentier der Familie Diez ist ein wichtiges Motiv in seinen Gemälden.
Charakteristisch für die Malweise ist zum einen die stimmungsvolle Landschaftsschilderung, die auf einer reduzierten Palette von Grün- und Brauntönen aufbaut und das Spiel von Licht und Schatten gekonnt wiedergibt sowie zum anderen eine differenzierte Erfassung verschiedener Stofflichkeiten, wie sie etwa in der Schilderung der Baumrinde oder der Pferdekörper deutlich wird. Im Nebeneinander verschiedener verwandter Farbtöne wirkt die Malweise in einer Zeit, in der Einflüsse des französischen Realismus und der Pleinairmalerei nach Deutschland gelangten, im Detail bereits vorimpressionistisch.
Zitiervorschlag
Gemälde "Postkutschenreise", 1864; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 4.0.886,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/50e6d0d0-a972-462e-9f1e-0023b21e6f9a (zuletzt aktualisiert: 26.11.2024)