Telefonieren stand für Frau Willert nie im Vordergrund. Ihr ging es vor allem um das Fotografieren mit der integrierten Digitalkamera. Das Smartphone hatte dabei den Vorteil, dass die Fotos einerseits eine höhere Auflösung hatte und andererseits nicht aufwendig auf einen PC übertragen werden mussten und direkt an Freunde verschickt oder auf sozialen Netzwerken hochgeladen werden konnten. Mit dem "Galaxy S" lernte sie diese neue Möglichkeit kennen und schätzen. Heute betrachtet sie ihre Fotografien als eine Art Tagebuch, das sie allerdings nicht nur für sich selbst führt. Auf Facebook und Instagram teilt sie ihre Fotos unter dem Namen "Lilly Moments" und stellt sie auch auf der Homepage www.oberlahn.de online. In ihrer Region hat sie sich schon einen Namen gemacht und wurde in mehreren Zeitungen und Zeitschriften vorgestellt, die auch schon zu vereinzelten Auftragsarbeiten führten. Angefangen hat alles 2010 mit ihrem ersten Smartphone, dem "Galaxy S". 2012 ging es dann mit einem "Galaxy S3" mit besserer Kamera weiter und anschließen mit einem "iPhone 6Plus". Aktuell fotografiert sie mit einem "iPhone SX"
Neben Stadt- und Landschaftsfotografien hat sich Frau Willert seit 2014 auf eine besondere Art der Smartphone-Fotografie spezialisiert, die sie als "Menschen von hinten im Dialog mit Kunstwerken" beschreibt. Es handelt sich dabei um Schnappschüsse, die Menschen zeigen, die mit ihrem Smartphone ein Kunstobjekt fotografieren. Diese Fotos thematisieren einerseits motivisch das Fotografieren mit dem Smartphone und lassen uns in einem intimer Schulterblick auf das schauen, was andere mit ihrem Smartphone fotografieren. Andererseits thematisieren sie aber auch den medialen Vorgang, weil es sich um Fotos handelt, die selbst auch mit einem Smartphone aufgenommen wurden. Hinzu kommt, der Aspekt der digitalen Reproduktion, denn auf den kleinen Smartphonedisplays erscheint das Kunstwerk als Bild im Bild und stellt damit auch die Frage nach der Bedeutung des Unikats gegenüber der digitalen Smartphone-Kopie. Die abgestimmten Farbwerte zwischen den Kunstwerken und der Kleidung der fotografierten Personen geben den Fotos dabei eine besondere ästhetische Wirkung, durch die sich das doppelt fotografierte physische Kunstwerk zu einem digitalen Kunstwerk erweitert. Mit dem Blick über die Schulter verbindet sich darüber hinaus auch ein ganz praktischer Grund. Dadurch sind die Personen nämlich nicht erkennbar, sodass die Fotos bedenkenlos im Internet veröffentlicht werden können. Ihre Freunde haben das Motiv schon vielfach kopiert und bezeichnen diese Art der Fotos als "Lilly-Foto". Frau Willert selbst nennt die Fotos "Über die Schulter geschaut", freut sich aber, dass sie damit einen Trend gesetzt hat. Die Idee dazu hatte sie 2014 in einer Ausstellung »Ludwig Goes Pop« im Museum Ludwig in Köln, als sie eine Frau mit orangefarbenen Kleidern und Haaren vor einem Pop Art-Gemälde sah. Damals stand die Frau noch ohne ein Smartphone vor dem Gemälde. Mittlerweile ist in den Fotos von Frau Willert jedoch der menschliche Blick auf die Kunstwerke durch den Smartphone-Blick der digitalen Gesellschaft ausgetauscht.
Eine Auswahl von sechs dieser Fotografien, die zwischen 2018 und 2020 entstanden, gab Frau Willert - zusammen mit dem "Galaxy S", das am Anfang ihrer Leidenschaft für die Smartphone-Fotografie stand, als digitale Objekte in die Sammlung der Museumsstiftung. Dieses Foto zeigt Frau Willert im Bunker eines ehemaligen Munitionsdepots im Wald von Montabaur, jetzt Ausstellungsgelände "Flux4ART" Kunst in Rheinland-Pfalz. Das Graffiti mit dem Titel "Helmet" stammt von der Künstlerin Buja. Fotograf war Oliver Schrangs, ein Freund Willerts. Sie verwendet dieses bei Facebook, Instragam und WhatsApp als Profilbild.
Zitiervorschlag
Smartphonefotografie "Über die Schulter geschaut", 08.2018; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 4.2022.469.8,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/4ad22a85-810c-4fd2-ab91-aa32fe337d54 (zuletzt aktualisiert: 26.11.2024)