Der Phonograph (griech. Schall- oder Klangschreiber) war das erste Gerät, mit dem man Töne oder Schall akustisch-mechanisch aufnehmen und wiedergeben konnte. Der Phonograph wurde 1877 von dem amerikanischen Erfinder Thomas Alva Edison erfunden und im folgenden Jahr patentiert.
Der Phonograph bestand aus einer mit einem Stanniolblatt bezogenen Walze und wird als »Zinnfolien-Phonograph« (Tin Foil Phonograph) bezeichnet. Vor der Walze war eine Schalldose mit einem Trichter angebracht, in der sich eine dünne Membran befand, an der eine stumpfe Nadel befestigt war. Sprach man, während die Walze gedreht wurde, gegen die Membran, dann wurde die Membran durch die Schwingungen der Luft auf und ab bewegt, und die an ihr befestigte Nadel schrieb die Töne als wellenförmige Erhöhungen und Vertiefungen in die Stanniolfolie. Beim Abspielen führte man nun die Walze mit der gleichen Geschwindigkeit unter der Nadel durch. Dadurch bewegte die aufgezeichnete Tonspur über die Nadel die Membran, und die Schwingungen wurden wieder hörbar. Der Ton wirkte blechern und flach. Eine Stanniolaufnahme konnte nicht mehr als fünf Mal abgespielt werden, danach waren die Rillenvertiefungen abgenutzt.
In den folgenden Jahren wurde der Phonograph vor allem auf Ausstellungen gezeigt. Die Schausteller erwarben das Recht zur öffentlichen Vorführung entweder über einen erhöhten Kaufpreis und/ oder mussten 25% ihrer Einnahmen an die Edison Speaking Phonograph Co. zahlen. Über mehr als ein Jahrzehnt blieb der Phonograph ein Instrument, dass von Schaustellern oder im Rahmen wissenschaftlicher Vorträge gezeigt wurde, da Edison trotz vieler Versuche daran scheiterte, den Phonographen zu einem Gebrauchsgegenstand weiterzuentwickeln. Der Hauptnachteil des Zinnfolien-Phonographen war die sehr schlechte Wiedergabequalität und der Umstand, dass diese schon nach einem einzigen Abspielvorgang rapide verschlechterte.
Selbst nachdem Alexander Graham Bell und Charles Sumner Tainter 1886 die Wachswalze bzw. Walze aus Harz erfunden hatten, die eine erheblich bessere, dauerhafte Abspielqualität erreichten, änderte sich zunächst nichts. Wirtschaftlicher Fehlentscheidungen, Patentstreitigkeiten, finanzielle Probleme und mechanische Mängel behinderte den Durchbruch des Wachswalzenphonografen bis in die 1890er Jahre.
Bereits 1878 war das erste Exemplar des Zinnfolien-Phonografen nach Europa gelangt und wurde dort von Edme Hardy in einer Kleinserie von 500 Exemplaren nachgebaut. Albert Költzow war nach eigenen Angaben seit 1890 mit der Konstruktion, dem Bau und Verkauf von Phonographen beschäftigt. Er eröffnete am 1. April 1890 in Berlin die erste deutsche Fabrik, in der Phonographen hergestellt wurden. Seine Kunden waren fast ausschließlich Schausteller, welche 500 bis 600 Mark, das heißt ein halbes Jahresgehalt, für diese Jahrmarktsensation ausgeben konnten. Költzow verkaufte auch selbst aufgenommene Walzen zum Stückpreis von 4 bis 15 Mark, je nach Qualität und Nachfrage. Költzow ließ sich zahlreiche Erfindungen patentieren und war bis 1900 zweifellos die herausragende Persönlichkeit auf diesem Gebiet in Deutschland.
Seine Phonographen wurden ab 1892 auch in Italien verkauft, wo die »Società Elettrica Industriale« in Mailand eine Reihe von Költzow-Phonografen zunächst als »Fonografo di Germania« anbot, im Folgejahr unter dem Markennamen »Excelsior«. Költzow verkaufte um 1897 etwa 700 bis 1000 Walzenspieler im Jahr und war damit Marktführer in Deutschland.
Költzow, der ab 1894 mit zunehmender Konkurrenz zu kämpfen hatte, wurde auch in Patentstreitigkeiten verwickelt, nachdem Ludwig Stollwerck, Erbe und Vertriebsleiter der Kölner Schokoladenfabrik Stollwerck & Co. AG, im Oktober 1895 die deutschen Patentrechte am Edison-Phonographen erworben und die Deutsche Edison Phonographen Gesellschaft gegründet hatte. Költzow, der seine Geschäfte bisher im rechtsfreien Raum getätigt hatten, wurden nun zum Patentverletzer erklärt und durch Stollwerck beim Berliner Landgericht verklagt. Der komplizierte Prozess zog sich allerdings über Jahre hin. Zu diesem Zeitpunkt spielte der Zinnfolien-Phonograf ohnehin keine Rolle mehr.
Zitiervorschlag
Zinnfolienphonograph nach Thomas Alva Edison, 1890; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 4.2020.305,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/45dc1093-4457-4ab2-966f-c319a666258a (zuletzt aktualisiert: 26.11.2024)