Systematik
Datenkommunikation, Internet/Computer, Rechner, Datenverarbeitung/Rechner und Computer
Die Automatisierung des Postbetriebs kam durch den Einsatz von Geräten mit Schrift- und Zahlenerkennung Anfang der 1970er Jahre weiter voran. Ein wichtiger Bereich dieser Entwicklung war der Fernmelderechnungsdienst, der ab 1972 Filmleser einsetzte, um die Zählerstandfotografien zu digitalisieren. Seit 1959 waren allen Teilnehmern analoge Zähler zugeordnet, die - ähnlich eines Stromzählers - die Gesprächseinheiten registrierten. Mit speziellen Kameras fotografierten festangestellte Fotografen einmal im Monat diese Zähler, sodass im Vergleich zur Aufnahme des Vormonats die Gesprächseinheiten eines Monats bestimmt und den Teilnehmern in Rechnung gestellt werden konnte. Dieses elektronische Filmlesesystem diente der Digitalisierung von Zählerstandfotografien im Fernmeldeamt 1 der Oberpostdirektion Stuttgart.
Dazu mussten jeder einzelne Zählerstand händisch von einer Datentypistin aufgenommen und auf einen Datenträger gespeichert werden. Anfangs nutzte die Bundespost Lochkarten als Datenträger, ging Ende der 1960er Jahre aber zur Datenerfassung auf Magnetband über. Mit der Zunahme der Fernsprech- und Telexteilnehmer erhöhte sich der Aufwand der Zählerstanderfassung. "Da diese Arbeit recht eintönig und somit weniger attraktiv ist, wurde seit langem nach einem Weg gesucht, die Zählerstandsfilme maschinell zu lesen", heißt es 1973 in einem Artikel der Zeitschrift für Post und Fernmeldewesen, der die Einführung automatischer Filmleser im Fernmelderechnungsdienst vorstellt. Die Anlage bestand aus einer Zentraleinheit mit einem Kernspeicher von 144 000 Bytes, einer Bedienkonsole, einer Platteneinheit mit drei Laufwerken, drei Bandeinheiten, einem Drucker, einem Lochkartenleser, zwei Filmlesern und einem Bildschirmgerät. Im Filmleser wurde der Film optisch abgetastet und die Zahlen mit Hilfe eines Erkennungsprogramms analysiert und abgespeichert. Dazu durchleuchtete der Filmleser den Film und registrierte über einen Helligkeitsmesser das Licht, das durch den Film kam. So konnten schwarze und weiße Flächen unterschieden und aufgrund der Lichtdurchlässigkeit bestimmter Stellen die einzelnen Zahlen abgeleitet werden. Da jedes Bild auf dem Film eine Größe von ca. 25 x 25 Quadratmillimeter einnahm, musste das Programm ein Raster von 4096 x 4096 Punkten, also in mehr als 16 Millionen Punkte auflösen und für jeden einzelnen dieser Punkte die Lichtdurchlässigkeit abgleichen. Bis 1985 sollten diese Anlagen in den Rechenzentren der Bundespost die Zählerstanderfassung erledigen und dann von elektronischen Wählsystemen abgelöst werden, die ab 1977 eingerichtet wurden. Die Entwicklung war jedoch nicht schnell genug, sodass 1985 neue Filmleser angeschafft wurden, die bis Ende der 1990er-Jahre Zählerstandfotografien digitalisierten.
So auch dieses Filmlesesystem "CRS 110", das von 1885 bis 1997 im Rechenzentrum der Oberpostdirektion Stuttgart im Einsatz war. Das System setzte sich aus einem Multiprozessor, einem Filmleser und zwei Bildschirmarbeitsplätzen zusammen. Der Hersteller dieser Geräte, das italienische Unternehmen, Elettronica San Giorgio ESLAG, hatte sich zuvor bereits durch die Herstellung eines computerbasierten Systems zur automatischen Sortierung von Briefen hervorgetan und war Anfang der 1980er Jahre auf die Entwicklung von Multiprozessoren zur Bild- und Mustererkennung spezialisiert. Während sich die Technik des Einlesens gegenüber der früheren Anlage nicht änderte, war die Technik zwischenzeitlich weiterentwickelt worden. Sogenannte "Assoziativ-Computer", die auf einem Erkennungsprogramm mit einer Memory-Funktion basierten, verarbeiteten die eingelesenen Daten in einer Art "virtuellem Gedächtnisspeicher". Das neue Filmlesesystem war dadurch nicht nur schneller, sondern hatte auch weniger Rückweisungssätze, die nachträglich von Datentypistinnen geprüft werden mussten. Spätere Entwicklungen dieser Systeme wurden als "neuronale Netzwerke" eingestuft und gelten als Vorstufe heutiger Systeme auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz.
An diese Filmleseeinheit war ein Mini-Computer (PDP 11/24) angeschlossen, dessen Plattenlaufwerk als Zwischenspeicher für die Speicherung der Daten in einem Magnetbandlaufwerk diente. Ein Drucker, ein Fernschreiber und ein Monitor mit Tastatur dienten als Ein- und Ausgabegeräte.
Zitiervorschlag
Filmlesesystem "CRS 110" mit Mini-Computer "PDP 11/24" und Magnetbandlaufwerk , um 1985; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 4.2019.376.0,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/23a5f13f-1139-4dd7-9c8c-173e28824c20 (zuletzt aktualisiert: 26.11.2024)