Joseph Beuys wurde 1921 in Krefeld geboren und starb 1986 in Düsseldorf. Nach Kriegsdienst und Gefangenschaft von 1941 bis 1946 bildete er sich zum Bildhauer an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf aus. Von 1961 bis 1972 erhielt er dort eine Professur für Bildhauerei.
Beuys Multiple »Fadentelefon S-----E« greift auf eine tradierte Form der Sprechverbindung zurück. Bereits im Jahre 968 erfand der chinesische Philosoph Kung-Foo Whing das Fadentelefon. Zwei Zylinder aus Bambusrohr, deren eines Ende mit einer fest gespannten Membran verschlossen war, wurden durch einen straff gespannten langen Faden verbunden. Der eine Zylinder wirkte als Mikrophon, sobald in den Zylinder hineingesprochen wurde, der andere Zylinder als Lautsprecher. Fadentelefone wurden bis ins 19. Jahrhundert hinein genutzt.
Beuys griff die Idee mit seinem »Fadentelefon S-----E« auf, verwendete jedoch mit den Konservendosen, die durch eine Schnur verbunden sind, Abfallprodukte der Zivilisation, die durch die neue Verwendung neue Wertigkeit erhalten. Das Fadentelefon weist einen negativen wie positiven Pol in Form eines Minuszeichens und des Braunkreuzes auf und steht damit zeichenhaft für die energetische Verbindung von Kommunikation im »universalen Bezug«. Das »Telefon S-----E« ist mit dem »Braunkreuz« bemalt, das Beuys seit Beginn der sechziger Jahre fast allen seinen Werken hinzufügte. Das Kreuzzeichen als Symbol für geistige Prozesse und innere Realitäten durchzieht sein gesamtes Werk. In ihm verbinden sich für Beuys Ratio und Intuition, Naturwissenschaften und Metaphysik. Die rotbraune Farbe erinnert an getrocknetes Blut und ist ein Hinweis auf die Vergänglichkeit von Materie und die geistige Verbindung zwischen dem Menschen und der Erde.
Einen Hinweis auf die Interpretation des Multiples gab Beuys in einem Interview mit Jörg Schellmann und Bernd Klüser: »Mit den beiden Konservendosen habe ich die kindlichste Kommunikationsform genommen, und habe sie mit einem positiven und einem negativen Pol gekennzeichnet. Das unterstreicht, dass es Kommunikation in einem universellen Sinn geben muss. Die Form der Dosen muss erweitert werden, denn nur dann erhält das Ding die Bedeutung. Die Dosen selbst können das nicht bieten. Sie zeigen bloß einen einfachen, elementaren Vorgang: das Konzept von Vermittler und Empfänger…d. h. zwei Stationen, seien es nun Einzelpersonen oder Gruppen von Personen, die verbunden sind.« Diese Deutung erklärt sich durch Beuys Aussage: »Ich habe kein Interesse, das Telefon zu interpretieren. Ich habe aber wohl ein Interesse, über den elektrischen Strom und seine Verhältnisse zu reden. Mich interessieren die Kräfte, die an dieser Sache beteiligt sind.«
Das »Telephon S-----E« wird von Beuys erstmals im Rahmen der Ausstellung »Fettraum« anlässlich des Konzerts »Hauptstrom FLUXUS« am 20. März 1967 in der Galerie Franz Dahlem in Darmstadt verwendet, zusammen mit dem dänischen Komponisten und Musiker Henning Christiansen, der dabei eine grüne Geige spielt. Die Originale der beiden Fluxus-Objekte, »Telephon S-----E« und »Geige« sind Relikte dieses gemeinsamen Auftritts, die am 27. März 1969 anlässlich der Aktion von Beuys und Christiansen »(?) oder sollen wir es verändern« im Städtischen Museum Abteiberg in Mönchengladbach nochmals zum Einsatz kommen.
Das »Telephon S-----E« erschien 1974 als Auflagenobjekt bei der Edition Schellmann in München in einer Auflage von 24 + VI und einigen nicht nummerierten Exemplaren. Die Museumsstiftung besitzt zwei der 24 Exemplare des Telefons; dieses Objekt ist die Nr. 8.
Zitiervorschlag
Multiple "Telefon S-----E", 1974; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 4.0.35296,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/1537b8ea-4b67-4d93-8bd4-dc8eb15cdca6 (zuletzt aktualisiert: 26.11.2024)