Systematik
Sonstige Sammelgebiete/Verschlüsselungstechnik, Chiffrier- und Codierungsgeräte/Chiffrate, verschlüsselte Texte
Beschriftung
"Dupplicata // Mons Le Marquis ville aura desia est e Informé des advantages qu'a eu L'armèe du Roy en ce pays ceux quy la Commandent Ingeants qu'il ne fault pas perdre Loccaon de se preu allon d'une sy bonne conjoneture ont resolu de faure ce quy sens uit. // Les Ene,is apres Leur desroutte se retyrerens a Cremone eoe // Le plus procher Lieuy pour se sauner mais Jugeaus que nostre // ..."
Beschriftung
"Francesco D'Este" (eigenhändige Unterschrift)
Der vierseitige Brief auf einem in der Mitte gefalteten Bogen ist überwiegend in einer numerischen Chiffre verfasst und trägt - obwohl es sich um ein Duplikat handelt - auf der letzten Seite die eigenhändige Unterschrift von Francesco I d'Este.
In den im Klartext gehaltenen Abschnitten wird vom Rückzug der Feinde nach Cremona berichtet; datiert ist der Brief mit "facet au camp de la Casa Le troisienne juillet 1648".
Der Brief entstand vor dem Hintergrund des zu Ende gehenden Dreißigjährigen Krieges, als sich der Konflikt zwischen Spanien und Frankreich vermehrt auf italienischen Boden verlagerte. Der Autor, Francesco I., wurde 1629 Herzog von Modena und Reggio. Er erbte eine heikle politische Situation, in der er – wie auch die anderen italienischen Fürsten – nur versuchen konnten, unter dem Druck der verfeindeten Großmächte Frankreich und Spanien zu überleben. So stellte sich Francesco I. von Zeit zu Zeit auf die Seite desjenigen, der ihm am gerade am nächsten stand, was ein zweideutiges Spiel mit der anderen Partei nicht ausschloss.
Francesco I. d‘Este war seit 1635 mit Spanien verbündet – das ihn in inneritalienischen Konflikten um Gebietserweiterungen unterstütze, ihn gleichzeitig aber in Konflikte mit italienischen Territorien verwickelte, die mit Frankreich verbündet waren. Mitte der 1640er Jahre kühlten sich die Beziehungen zwischen Modena und dem Madrider Hof ab, während sich gleichzeitig Frankreich geschickt in die italienischen Angelegenheiten einmischte. Francesco I. war nun gezwungen, in dem verzweifelten diplomatischen Spiel einer Schaukelpolitik sich teils an Frankreich und teils an Spanien anzulehnen.
Als die Spanier durch den Aufstand in Neapel gebunden waren, nutzte Francesco die Situation und wechselte endgültig die Fronten – im August 1647 schloss er ein Militärbündnis mit Frankreich und dem Herzog von Savoyen. Aufgrund dieses Bündnisses sah sich Francesco im Herbst verpflichtet, auf Ersuchen des französischen Premierministers Kardinal Mazarin gegen das von den Spaniern gehaltene Cremona zu ziehen, um damit eine neue französische Front im Krieg mit Spanien zu eröffnen. Er stellte ein Heer von achttausend Infanteristen und viertausend Reitern auf, von denen die Hälfte Franzosen waren. Er übernahm persönlich das Kommando über sein Heer, besetzte Casalmaggiore und belagerte dann Cremona.
Der französisch-modenaische Feldzug war aber zu spät begonnen worden und geriet daher durch die Regenfälle im Herbst ins Stocken. Schlechtes Wetter und schlechte Organisation zwangen die Belagerer, sich bis zum Frühjahr nach Casalmaggiore zurückzuziehen. Cremona, das gut befestigt war, leistete drei Monate lang Widerstand, bis der Herbst kam und die Verbündeten sich in den Oltrepò zurückziehen mussten, um sich auf die Unbilden des Winters vorzubereiten. Francesco unterstellte Mazarin, dass es sich bei dem Feldzug nur um ein Ablenkungsmanöver handelte, mit dem Frankreich die Verhandlungen um den Westfälischen Frieden belasten wollte.
Der Aufstand der Fronde in Frankreich zwang dann Mazarin zur Flucht, was den Abzug der französischen Soldaten von der italienischen Front zur Folge hatte, während gleichzeitig der Westfälische Friede den Dreißigjährigen Krieg beendete und spanische Truppen in Italien unterstützend eingreifen konnten. Francesco musste nun zwischen den beiden Mächten jonglieren und hatte keine andere Wahl als einen Kompromiss mit dem spanischen Gouverneur zu suchen. Im Februar 1649 sah sich der Herzog daher gezwungen, einen Vertrag zu unterzeichnen, in dem er von Frankreich abrückte, sich verpflichtete, die Mailänder Armee mit Infanteristen und Pferden zu versorgen und eine spanische Garnison in Correggio zu akzeptieren, das immerhin dauerhaft an die Familie d’Este übertragen wurde.
Zitiervorschlag
verschlüsselter Brief aus dem Feldlager während der Belagerung von Cremona, 30.07.1648; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 4.2022.250,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/09f98af1-8f80-4f72-ae5f-deceb0c7eecc (zuletzt aktualisiert: 26.11.2024)