Schlagworte
Schreiben, Schreibgerät, Schreibpult, Schreibzeug
Dieser Holzschnitt illustriert die Veränderungen der königlichen Machtausübung durch den Rat mit der Kanzlei am Beginn des 16. Jahrhunderts. Die Hofstrukturen entwickelten sich im Laufe des 15. Jahrhunderts von einem lockeren Personenverband zu einer geregelten Institution. Die Verrechtlichung und Bürokratisierung im Rahmen dieses Modernisierungstrends führte zu einer Reihe von »Hofordnungen« für den Rat sowie die Kanzlei(en).
Ende 1497 / Anfang 1498 kündigte Maximilian I. die Reform seines Verwaltungssystems an, in dem eine neue umfassende Hofordnung eine ausgezeichnete Koordination zwischen allen Ebenen des Kanzleipersonals sicherstellen sollte.
Um in dieser »idealen Kanzlei« die zahlreichen Angelegenheiten reibungslos abwickeln zu können, brauchte man in der Ratsstube neben den – meistens zwölf – Räten zunächst zwei Sekretäre, die gleichzeitig anwesend waren. Der erste führt jede neue Angelegenheit dadurch ein, dass er die entsprechende Supplik oder Akte vorliest. Die Funktion des zweiten besteht darin, die »Ratschläge« der Ratsmitglieder schnell aufs Papier zu bringen. Sobald alle »Ratschläge« niedergeschrieben sind, erfolgt die Diskussion und Abstimmung. Den Meinungsaustausch führt der Hofmeister (nicht der Kanzler), wobei der Hofmarschall die Umfrage bei der abschließenden Abstimmung vornimmt.
Nur die tatsächlich wichtigen Sachen werden dem König extra vorgebracht, und zwar von einer der ranghöchsten Personen in Begleitung eines der Räte, der in dieser Angelegenheit kompetent ist. Erst nachdem Maximilian seine Entscheidung getroffen hat, kehren sie in die Ratsstube zurück.
Der übliche »Ratschlag« aber brauchte lediglich von der Mehrheit der Räte unterstützt zu werden, um dann in ein Beschlusskonzept verwandelt zu werden, aber nur unter Kontrolle des Kanzlers. Vor Abschluss der Sitzung liest der Kanzler diesen »Brief« (wie solche Konzepte in der Kanzleiordnung hießen) vor und fragt, ob sein Inhalt die dominierende Meinung der Räte richtig wiedergibt. Sollte das der Fall sein, kommen zwei weitere Sekretäre ins Spiel: Sie müssen dieses Dokument vollenden. Noch während sie beginnen, sich damit zu beschäftigen, muss der Rat schon zur nächsten Angelegenheit übergehen. Allerdings, während der nächsten Sitzung muss derselbe »Brief« wieder auf dem Tisch erscheinen und das dritte Mal den Räten vorgelesen werden. Erst wenn sie auch diesmal seinen Inhalt bestätigt haben, darf der Kanzler oder Obersekretär ihn signieren.
Zitiervorschlag
Holzschnitt "Herrscher (Kaiser Maximilian) mit Räten und Schreiber / Kanzlist beim Diktat", Anfang 16. Jahrhundert; Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Inventarnummer: 4.2000.165,
URL: https://onlinesammlung.museumsstiftung.de/detail/collection/04022d24-d095-4084-9e7d-7be7d67d15e7 (zuletzt aktualisiert: 26.11.2024)