Objektname;ObjektDetails;Datierungen;Personen/Organisationen;Material Technik;Maße;Systematik;Objektart;Inventar-Nr.;Schlagworte;Beschreibung;Adressat;Absender;geographische Referenz;Laufweg;Markenart;Markenart;Markentyp;Philatelistischer Zustand;Frankatur;Zähnung;Lumineszenz;Plattenfehler;Abart;Einheit;Wasserzeichen;Spezialpost / Versandform;Gesamtfrankatur;Attest / Prüfzeichen;Fälschung;Michelkatalog;Entwertung;Vermerke;Inhalt;Bildmotiv;Inschriften;Transkriptionen Brief eines deutschen Amerika-Auswanderers, auf Briefpapier mit Kopfbogen (Gesamtansicht der Stadt St. Louis), an seine Schwester und den Schwager in Neukirchen;;Datierung 15.03.1867; Absender;Material Papier | Farbe schwarzweiß;Blattmaß (b x h) 196 x 250 mm | Blattmaß (b x h) 388 x 247 mm (Brief aufgeschlagen);Philatelie/BriefeSt. Louis, den 15. März 1867Wertester Schwager und Schwester,Euer Schreiben vom 2. Oktober habe ich am ersten September (? Monat unklar) richtig erhalten und daraus entnommen, dass ihr noch alle frisch und gesund seid, was mich sehr gefreut hat. Aber wie ich feststellte, hat sich doch viel in der Zeit geändert, seit ich von Euch fort bin. Denn Ihr schreibt von vielen unerwarteten Sterbefällen, von denen ich immer gedacht habe, das könnte nicht möglich sein. Aber ich muss es doch glauben. Bei keinem kommt es mir auffallender vor, als bei Eurem Bruder Jakob.Ich will auch immer [schon] mitteilen, dass ich nicht mehr in Aurora bin, sondern am achten Dezember von dort fort[gegangen] und nach Saint Louis gereist bin, was mich aber schon gereut hat.Ich bin aus Aurora fort[gegangen] und habe achtundsiebzig Talermitgenommen. Das übrige ließ ich beim Kostherrn in der Meinungzurück, bis die [Summe] verbraucht sei, hätte ich auch Arbeit bekommen.Aber ich hatte mich sehr geirrt. Denn als ich ankam, fragte ich nach Arbeit,aber vergebens. Ich blieb zwei Monate und so war mein Geld alle. Da ließ ich mir wieder vierzig Taler schicken. Das langte wieder ein paar Wochen, aber am Ende hatte ich wieder kein Geld und keine Arbeit. Und so waren drei Monate vergangen, und [ich hatte] noch keine Arbeit und [war] schon zwei Wochen das Kostgeld schuldig. Nun wusste ich aber bald nicht [mehr], was ich anfangen sollte. Ich brauchte keine Not zu leiden, denn ich hatte noch Geld offen stehen, aber ich wollte auch nicht den letzten Pfennig ausgeben. Ich lief nun die ganze Stadt ab und endlich, nach langem Suchen, fand ich wieder Arbeit bei einem Schreiner. Und so kann ich auch jetzt Geld verdienen. Ich hätte nicht aus Aurora fort[gemusst], aber ich will zuerst Amerika durchreisen. Ob ich wieder nach Deutschland komme? Ich will [ja] mein Reisegeld aus Deutschland auch nicht ausgegeben haben, um bloß die Stadt New York anzusehen, sondern auch noch die übrigen bedeutenden Stätten, so wie es St. Louis eine ist. Die Stadt hat über zweihunderttausend Einwohner. Sie liegt dicht am Mississippi, das ist der größte Fluss in Amerika.Da kann man jeden Tag hunderte von Schiffen sehen, die mit Frachtbeladen den Fluß auf- und abwärts fahren. Das sieht schön aus. Darumreut es mich auch nicht, dass ich die Reise gemacht habe. Wenn ich Euch nicht versprochen hätte, nach Deutschland zu kommen, so würde ich noch eine Reise nach Australien machen. Danach würde meine Neugierdebefriedigt sein. Aber mein Versprechen werde ich halten und ehe einJahr vergeht, werden wir uns wiedersehen. Aber wieder bei Euch zu bleiben,das kann ich nicht versprechen. Nachdem hier jetzt die Gesetze geändertund die Sklaverei aufgehoben wurden, lasse ich mich auch nicht in Deutschland [fest]binden. Ich denke, wenn ich wieder reise, so komme ich nach Deutschland.Wenn ich das Geld genommen [hätte], das ich im Winter verbraucht hatte, sokönnte ich die Reise auch nach Deutschland machen. Aber ich bin noch keine drei Jahre fort und vor drei Jahren will ich nicht zurück. Dazu ist das Geld zu wertvoll, ich würde fast ein Drittel einbüßen. Ich hatte Euch auch versprochen, etwas Geld zu schicken, aber ich habe zu viel Verluste. Darum kann ich mein Versprechen ohne Schaden [nicht] halten. Doch wenn es nötig ist und ihr in Schwierigkeiten seid, so kann ich noch immer helfen, wenn es [daran] fehlt. Denn [dazu] bin ich immer bereit.Wie es mit dem Heiratsgeschäft steht, so ist es noch immer beimAlten. Aber es ist auch nicht meine Schuld, denn ich weiß keines zu erreichen. Darum seid Ihr so gut, mir in Neukirchen eine [Frau] auszusuchen.Dann werde ich diese nehmen und nach Amerika führen, wenn sie mitgeht. Lieber Schwager, Ihr schreibt, Gott verlässt keine Deutschen, [das] hätte sich im Krieg bewiesen. Das hat sich hier aber anders gezeigt. Denn es waren [die] Deutschen hier, die Gott doch verlassen [hat]. Denn sie hatten kein Geld, und so hatten sie auch nichts zu Essen. Und so mussten sie die Kleider vom Leibe verkaufen, um [sich] durch das Leben zu schleppen. Da hat sich Gott [von der] schlechten [Seite] gezeigt. Es ist diesen Winter hier in Amerika mehr Hunger gelitten worden, als in fünf Jahren in Neukirchen und ganz Deutschland. Hier in Amerika kann man nicht betteln gehen wie in Deutschland. Das ist ganz unüblich. Aber ihr könnt auch nicht jedem Brief glauben, der aus Amerika kommt. Denn die größten Hungerleider schreiben die „fettesten“ Briefe. Im Sommer, wenn sie Geld verdienen, so schreiben sie,sie hätten es zu Tausenden und nachher werden sie so arm, dasssie sich nicht zu helfen wissen. Ich war bis jetzt, Gott sei Dank, noch immer frisch und gesund, das ist noch immer das Beste. Und wenn man auch einmal drei Mohnate lang nicht arbeitet, aber sich so viel gespart hat, das man [davon] leben kann, so geht [es] doch. Es ist jetzt Zeit zum Mittagessen, darum muss ich aufhören zu schreiben. Ich wünsche, dass Euch mein Schreiben bei so guter Gesundheit antreffen [möge], wie es mich verlassen hat. Neuigkeiten weiß ich keine Besonderen. Seid so gut, und schickt die zwei beigefügten Briefe an ihren Bestimmungsort. Da ich nicht möchte, dass die Briefe ihr Ziel nicht erreichen, steckt sie in [zusätzliche] Umschläge. Sie sind sonst aus zu dünnem Papier, das leicht zerreißen kann. Ich habe Euch auch die Stadt[ansicht] von St. Louis auf dem Brief [mit]geschickt, so könnt Ihr den herrlichen Anblick des Mississippi sehen. Ich wollte, Ihr wäret einen Tag hier bei mir, dann könntet ihr mehr sehen, als in 10 Jahren bei Euch in Neukirchen.Ich denke, dass wir bis zum Herbst wieder beisammen sein [werden],wenn Gott mir meine Gesundheit erhält. Es ist genug, ich will alsoschließen und Euch alle bestens grüßen, Schwester, Schwager und Enkel.Dann grüßt mir auch alle Verwandten, Bekannten und Nachbarn, aber besonders meinen Blumme Patt. Euer treuer Bruder und SchwagerJoseph BeckerMeine Adresse istMr Joseph Becker in St Louis Staate of Missouri NordamerikaIch denke auch noch an meine beiden Nachbarn Bart und Becker.Und ich möchte doch gerne wissen, was die Hand macht. Ob sie faul zum Schreiben [sind] oder nicht. Ich denke, es wird nicht so schlimm sein. Ich denke, sie ist etwas träge. Es grüßt Euch [Euer] treuer Freund Joseph Becker;Original;3.2011.235;Briefkopfbogen | Brief | Auswanderer | Vereinigte Staaten von Amerika | St.Louis | Nordamerika | Hessen;Der Verfasser des Briefes ist ein Amerika-Reisender aus einem deutschen Neukirchen, der seinen Verwandten aus St. Louis, Missouri nach Deutschland schreibt. Um welches der vielen Neukirchen es sich handelt, ist nicht zu ermitteln, da der Umschlag mit der Adresse, Leitvermerken und Porto- oder Gebührenangaben fehlt. Aufgrund der Dialektfärbung der Sprache wird es vermutlich nicht im norddeutschen Raum liegen.Die vorher besuchte Stadt oder Siedlung Aurora lässt sich aus den 33 amerikanischen Orten gleichen Namens ebenfalls nicht identifizieren.Die angegebene Beförderungszeit des Briefes in die USA vom 2. Oktober bis 1. September, also 11 Monate, scheint ein Irrtum zu sein. Eventuell muss es statt September richtig Dezember heißen. Die Bremer Schutzvorschriften von 1832 für Auswanderer gingen von einer durchschnittlichen Überfahrtdauer von 40 - 50 Tagen aus und verlangten eine Proviant-Reserve bis zu 90 Tagen. In der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts dauerte die Überfahrt mit Segelschiffen 6 - 8 Wochen, ab Mitte des 19. Jahrhunderts mit Dampfschiffen verkürzte sie sich auf ca. 15 Tage. Wenn noch Beförderungszeiten über Land in Deutschland und in den USA und einige Tage bei einem Transport mit einem Postdampfer hinzugerechnet werden, sind insgesamt 2 Monate wohl sehr realistisch.St. (Saint) Louis ist eine Stadt am östlichen Rand des Bundesstaat Missouri der USA, liegt am westlichen Ufer des Mississippi, war 1763 ein französischer Handelsposten und wurde am 15. Februar 1764 formell als Stadt gegründet. Die Vereinigten Staaten erwarben die Stadt im Jahre 1803. St. Louis wurde der Ausgangspunkt vieler Expeditionen in den Westen, auch für Felljäger sowie viele Siedler. Um 1860 lebten rund 1,3 Millionen in Deutschland geborene Einwanderer in den USA, Missouri lag bei den deutschen Siedlern an sechster Stelle. Deutsche bzw. deutschstämmige Amerikaner waren im amerikanischen Bürgerkrieg (1861–1865) zu 50%, dem größten Anteil, wehrwillig und stellten die größte Gruppe ausländischer Soldaten in der Unionsarmee (fast jeder 10. Soldat). 1861 waren von den 170.000 Einwohnern von St. Louis etwa 60.000 Deutsche. Sie erbauten im Stadtteil Soulard eine wohlhabende Siedlung, eröffneten deutsche Betriebe, veröffentlichten eine deutsche Zeitung, bauten deutsche Kirchen und Denkmäler und gründeten Vereine zur Erhaltung ihrer Kultur und Sitten.Die Einwohner dieser neuen Siedlung sprachen weiterhin Deutsch. Neüork meint sicher die Weltstadt New York (offiziell The City of New York) an der Ostküste der Vereinigten Staaten, deren europäische Besiedelung 1614 mit der Gründung einer niederländischen Pelzhandels-Siedlung an der Südspitze von Manhattan begann. Die Insel „Manna-hatta“ wurde den Indianern für Waren im Wert von 60 Gulden abgekauft, 1624 erfolgte die Gründung von Neu-Amsterdam, das zunächst Hauptstadt der Kolonie Nieuw Nederland war. Die Stadt und ihre Umgebung kamen 1664 unter englische Kontrolle und wurde nach dem Herzog von York und Albany, Bruder des englischen Königs Karl II., in New York umbenannt. 1790 war New York bereits die größte Stadt in den Vereinigten Staaten und diente ihnen 1788-1790 als Hauptstadt. Während der 1830er Jahre wurde New York ein Vorreiter der Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei.Die große irische Hungersnot brachte neben Deutschen und Italienern einen großen Zustrom von irischen Einwanderern, 1860 war jeder 4. der 200.000 New Yorker in Irland geboren. Die meisten Einwanderer verbrachten viele Jahre in Elendsquartieren (Slums), Konflikte entluden sich teilweise gewaltsam und die Wut auf die Wehrpflicht während des amerikanischen Bürgerkrieges führte 1863 zu einer den schlimmsten Unruhen in der amerikanischen Geschichte.Zum Zeitpunkt der Unabhängigkeitserklärung 1776 gab es in den Vereinigten Staaten mehr als 460.000 Sklaven, jedoch kaum in den Nordstaaten. In den Südstaaten, wo die Sklaverei mit der expandierenden Wirtschaft unauflösbar verbunden war, wuchs die Zahl der Sklaven bis 1865 auf mehr als vier Millionen an. Ihr Ende fand die Sklaverei 1865 mit der militärischen Niederlage der Konföderation (Südstaaten) im Bürgerkrieg (ein offizielles Kriegsziel). Mit den im Brief genannten Gesetzen wird der verabschiedete 13. Zusatzartikel zur Verfassung gemeint sein.;;;Geografischer Bezug St. Louis, Missouri, Vereinigte Staaten von Amerika (USA) | Geografischer Bezug Neukirchen, Deutschland;;;;;;;;;;;;;;;;;;;Rs. Lacksiegel;;;;